Mittwoch, 19. Februar 2020

Alles kommt mal wieder - auch alte Werte?

Bedingungslos Liebe geben - ein enormer Wert! / (c) Schnaubert

Retro ist "in".
Irgendwann kommt alles wieder, was mal in Mode war - egal ob Schlaghosen, bunte Tapeten mit psychedelischen Mustern und Farben, wilde Power-Locken, Art-Deko-Lampen oder Schulterpolster ...

Das lässt mich echt hoffen, dass auch Werte mal wieder in Mode kommen.
Alte Werte - wie Freundlichkeit, Höflichkeit, Rücksichtnahme und Geduld.
Davon gibt es gefühlt immer weniger, hab ich den Eindruck.

Alles muss heutzutage schnell und komplikationsfrei gehen - der Einkauf, die Fahrt von A nach B, das Internet und auch das Hundetraining. Und wehe nicht, dann ist Stress vorprogrammiert und es wird geflucht, geschimpft und an der Leine geruckt...

Ich sag's Euch ganz ehrlich - den Stress macht Ihr Euch selbst, und damit leider auch anderen Menschen und auch Euren Hunden!

Wie ich schon mal schrieb - Atme doch mal tief durch und trete einen Schritt zurück, um Dir das Ganze mal aus ein wenig Distanz anzuschauen. Und dann überlege bitte, wie Du aus diesem Stress-Hamsterrad ausbrechen kannst, damit Du und Dein Hund mehr Ruhe habt.

Muss wirklich alles auf Anhieb klappen?
Bei Dir?
Bei Deinem Hund?
Warum denn?
Wer bestimmt das?
Wieso liegt der Anspruch so hoch?
Macht das die Umwelt?

Die schiefen Blicke von Fremden, wenn Dein Hund mal bellt, an der Leine zieht, sich nicht gut benimmt?
Das Kopfschütteln der Leute, wenn Du Deinen Hund rufst und er Dich großzügig ignoriert?
Die dummen Sprüche schlauer Hundehalter, die es so viel besser wissen als Du und die es ja nur gut mit Dir und Deinem Hund meinen?

Und was macht das mit Dir, in erster Linie?
Macht es Dich verlegen? Wütend? Traurig? Beschämt es Dich?

Ich gestehe - ja, auch ich lasse mich manchmal von meiner Umwelt manipulieren - denn nichts anderes ist es, wenn man etwas tut, was man eigentlich nicht tun würde, es aber trotzdem macht, weil jemand anders zusieht oder es einfordert!
Kompliziert, gell ...

Hinterher bin ich unzufrieden oder schäme mich tatsächlich auch mal.
Weil ich ungerecht zu meinen Hunden war, obwohl ich es doch besser weiß.
Weil ich dem "Umweltdruck" doch mal nachgegeben habe.
Ich ärgere mich dann über mich selbst und knuddle meine Hunde, die keine Ahnung von meinem Dilemma haben und zum Glück auch nicht nachtragend sind.

Was macht es mit uns, dieser Umweltdruck? 
Und was können wir tun, um ihm zu entkommen, bzw. zu verhindern, dass wir ihn so deutlich wahrnehmen und darauf reagieren? Und an unsere Hunde weiter geben...

 Ich sag's nochmal ganz ehrlich - mein Setter ist jetzt fast drei Jahre bei mir und zieht wie ein Stier an der Leine, wenn der Spaziergang los geht! Und auch noch unterwegs. Und erst recht, wenn wir in einer neuen Umgebung unterwegs sind!!

Ja, ich bin Hundetrainer und ja, das Thema könnte längst erledigt sein.
Wenn ich mir die Zeit nehmen würde, es zu erledigen, sprich intensiv mit meiner Hündin trainieren würde. Tu ich aber nur sporadisch. Das Ergebnis ist ein Hund, der an lockerer Leine laufen KANN, wenn er müde ist. Dann ist Gioya weltklasse sensibel, merkt jede kleinste Spannung in der Leine und reagiert mit langsamerem Laufen und nachgeben.

Ansonsten gilt für sie der Satz "Trieb macht doof und unsensibel"!
Wobei man sich jetzt wieder über den Begriff "Trieb" streiten könnte... tun wir aber nicht, denn jeder weiß, was ich damit meine und gut ist.

Gioya ist ein Jagdhund aus Jägerhand, aber nicht wirklich entsprechend ausgebildet, ausgestattet mit reichlich "will to please", aber auch mit Pfeffer im Arsch, einer blitzschnellen Reiz-Reaktions-Maschinerie, kaum Impulskontrolle und einem Mega-Raketen-Antrieb in den Beinen!


Killer-Setter im Anflug! / (c) Schnaubert

"Reh - Olé!!" und schon sprintet sie von 0 auf 100 in eins Komma drei Sekunden los. Bis ich Luft geholt habe, um zu pfeifen, hat sie bereits 50 Meter Wegstrecke zurückgelegt, locker.
Und jetzt kommt der "will to please" zum Einsatz - ein langer Pfiff, maximal zwei und Frau Setter kommt im gleichen Tempo zu mir zurück gefegt! Dann erwartet sie ein freudiges "Yeeeeeeeeyyyyyy" und ihr Spielzeug fliegt, damit sie es erbeuten und tragen kann. Und dannnnn - dann kommt sie an die Leine *grins*. Nur zur Sicherheit. Für das Reh. Und für sie... (Böse Gefahrenquellen im Wald).

Bin ich dann sauer? Nö, ich bin ja selbst Schuld. Mit Schleppleine wär das nicht passiert.
Gebe ich ihr trotzdem die Schuld, dass sie nunmal reagiert, wie ein (Jagd-)Hund reagiert, wenn er ein flüchtendes Tier wahrnimmt? Wie könnte ich!

Es ist ja nunmal so: bei Hunden gibt es von Natur aus keine "denkenden" Synapsen (Nervenverbindungen im Gehirn) zwischen den Sinnesorganen Auge, Ohr und Nase, die melden: "Mögliche Beute (in Bewegung)!!" und der Mototrik, die meist reflexartig angeworfen wird.



Reiz-Reaktions-Schema ... / (c) Signal-Hund

Hören, Sehen, losrennen! ist die Impulskette.
Würde ein Wolf oder anderes Raubtier erstmal drüber nachdenken, was da gerade passiert, was zu tun ist und ob sich der Weg lohnt, würden die meisten von ihnen wohl verhungern.

Wir Menschen müssen also an dieser Stelle im Gehirn sozusagen eine Handbremse einbauen, und das funktioniert nur durch reichlich gezieltes Impulskontroll-Training. Und das funktioniert wiederum nur, wenn wir Menschen die nötige Zeit und Geduld fürs strukturierte Training aufbringen!

Womit wir wieder bei den alten Werten wären...

Also, was machen wir nun mit diesem Dilemma, bestehend aus den Bedürfnissen des Hundes, den unseren und denen der Umwelt? Einen schicken Mix!

Nimm dir doch mal bitte die Zeit, einen Block und einen Stift und schreib mal folgendes für dich auf:
  • Was genau ist MIR / meiner Familie wirklich wichtig im Zusammensein mit meinem Hund? Was soll er unbedingt können, was unbedingt lassen? Und warum?
  • Was ist meinem Hund enorm wichtig? Was davon kann ich ihm ermöglichen, was nicht und welche Alternativen habe ich für ihn oder kann ich erlernen?
  •  Auf was genau reagiert meine Umwelt, wenn ich mit meinem Hund unterwegs bin? Haben die eventuell Recht? Oder einfach nur eine andere Meinung? 
Zum letzten Punkt möchte ich dir gern sagen: deine Freiheit und die deines Hundes endet höflicherweise dort, wo die Freiheit der Umwelt beginnt. Damit meine ich folgendes:
  • Respektiere den "Tanzbereich" deiner Umwelt (#Individualdistanz). Leine deinen Hund an, wenn andere Menschen oder Hunde in Sicht kommen. Manche Menschen haben nunmal Angst vor Hunden und nicht jeder Hund mag andere Hunde gern.
  • Lass ihn nicht in fremde Vorgärten oder auf Spielplätzen markieren. Das ist respektlos und eklig. Das Markieren von Hausecken, Autoreifen und Mülltonnen übrigens auch :(
  • Lass ihn nicht endlos bellen. Das nervt nämlich auch hundefreundliche Menschen!
  • Sichere ihn im Wald, wenn er jagdlich ambitioniert ist - auch Wildtiere haben ein Recht auf Ruhe und Unversehrtheit.
  • Sammle bitte seine Hundehaufen ein - dazu gibt es bald einen eigenen Post, in dem ich dir gern erkläre, dass es dafür mehr Gründe gibt als nur den Ekelfaktor!

Wenn du all das schon tust und auch noch freundlich zu deinem Hund bist, sollte dir niemand etwas zu sagen haben :) Und falls doch, darfst du denjenigen ruhig mit seiner Meinung da stehen lassen, wo er steht.
Meinung kommt nämlich von "meins". Sonst hieße es "Deinung" ;) ...












Freitag, 13. September 2019

Der Tod lauert im Wasser ...

Kleiner Spaziergang mit der "Gang" / Foto (c) Landgrafe
Wir gehen gemütlich durch den Wald.
Es hat erst vor kurzem geregnet und mehrere Pfützen liegen auf dem Waldweg verstreut. Ich mache mir also keine großen Gedanken, als mein Husky eine davon ansteuert um zu trinken, schließlich ist das Wasser ja frisch.

Doch dann werde ich kurz laut und rufe "Dayan, nein!! Stopp!"
Mein Hund hebt irritiert den Kopf. Da bin ich schon bei ihm und schiebe ihn liebevoll, aber unnachgiebig von der Pfütze weg und schaue mir danach die anderen Wasserlachen gut an, ehe ich ihn erst einige hundert Meter weiter trinken lasse.

Frisches Wasser mit Nikotin versetzt = Todesfalle! / Foto (c) Landgrafe
Was war passiert?
Das hier - schwimmende Zigarettenkippen im Wasser!

  Ich sag's Euch ganz ehrlich - so etwas macht mich richtig sauer!

Viele Raucher entsorgen draußen mal eben schnell ihre Kippe und denken sich nichts dabei.

Doch Nikotin ist ein starkes Gift für Hunde und andere Tiere - für Menschen übrigens auch.

   In einer normalen Zigarette befindet sich zwischen 9 und 30 mg Nikotin. Zigarettenstummel enthalten noch etwa 5-7 mg.

  Schon bei 4 mg Nikotin, die gefressen oder durch kontaminiertes Wasser aufgenommen werden, können bei Hunden Symptome einer Nikotinvergiftung auftreten. Diese äußern sich durch eine Steigerung der Nervenaktivität, das heißt durch Muskelzittern, Erbrechen, Speicheln, Temperaturanstieg, Gangunsicherheit und Herzrhythmusstörungen bis zum Herz-Kreislauf-Versagen.

 Würde ein Welpe aus einer solchen Pfütze trinken, würde er binnen kurzer Zeit an einem Kreislaufkollaps versterben!

Wanderratte / (c) gold555engel / piqs.de
Ein weiteres "Pfützen-Problem" entsteht oft bei warmem Wetter - die Gefahr der Leptospirose.

 Leptospiren werden von infizierten Tieren im Urin ausgeschieden. Die Infektion erfolgt durch Kontakt über die Haut oder Schleimhäute.

Als derzeitiger Hauptübertragungsweg gilt die Aufnahme von mit Rattenharn verunreinigtem Wasser in Pfützen, aber auch in kleinen Tümpeln oder stehenden Gewässern.

Die Erkrankung tritt vor allem im Spätsommer und Herbst auf.
Die Inkubationszeit, also die Zeit bis zum Ausbruch der Krankkheit, beträgt fünf bis sieben Tage.
Die Erreger setzen sich in diversen Organen, besonders der Niere, Milz, Leber und den Lymphknoten fest.

 Symptome sind Fressunlust, Erbrechen, Fieber, Bewegungsunlust, Abgeschlagenheit, Muskelzittern, erschwerte Atmung, Husten bis zum blutigem Durchfall und Nierenversagen.
Schuzt bietet nur eine regelmäßige Impfung gegen die Erreger.

Eine weitere Gefahr findet sich nicht nur in Pfützen, Tümpeln oder kleinen stehenden Gewässern, sondern auch am Rand von Äckern und Feldern - der Botulismus, eine Vergiftung mit einem Nervengift, das vom Bakterium namens Clostridium botulinum gebildet wird.

Tote Ente / Foto (c) fuerteventure-zeitung
 Das weltweit vorkommende Bakterium kann nicht nur für Pferde, Rinder, Wasservögel und Menschen gefährlich sein, sondern auch für den Hund. Es verursacht eine Lähmung der Muskulatur und kann tödlich enden.

 Die Hauptinfektionsquelle für den Hund (aber auch für andere Tiere) sind verunreinigte Gewässer, mit denen er in Kontakt kommt oder aus denen er trinkt. Gerade im Sommer kann durch Tierkadaver – beispielsweise von Vögeln – das Bakterium in seichte Gewässer wie Teiche, Tümpel und Pfützen gelangen.

Aber auch Gülle kann von den gefährlichen Bakterien durchsetzt sein, weil z.B. Nagetiere in die Güllegrube gefallen, dort ertrunken und verrottet sind. Daher ist also auch bei gegüllten Wiesen, Äckern und Feldern Vorsicht geboten.

Bei einer Botulismus-Vergiftung zeigen sich unterschiedliche Symptome (meist erst einige Stunden oder sogar Tagen): Lähmungserscheinungen in der hinteren Körperhälfte, die langsam bis zur vorderen Körperhälfte durchwandern, unkoordinierte Bewegungen, starkes Speicheln, Lähmung der Zunge, flache Atmung und Probleme bei der Nahrungsaufnahme bis hin zum Erbrechen.

Schnelles Erkennen und anschließendes Handeln kann tatsächlich über Leben oder Tod Deines Hundes entscheiden! Werden die Anzeichen der Vergiftung zu spät erkannt, gibt es leider oft keine Rettung mehr für den Hund. Bei fortschreitender Vergiftung kommt es zur Lähmung der Atemmuskulatur, was zu einem qualvollen Erstickungstod führt.

Bei allen genannten Gefahren kann es reichen, dass der Hund durch das Wasser hindurch gelaufen ist oder sich hinein gelegt hat - denn er reinigt ja seinen Körper mit der Zunge.

Solltet Ihr also unsicher sein, dann duscht Euren Hund doch gründlich mit klarem Wasser zuhause ab und nehmt für unterwegs Wasser zum Trinken für Euren Hund mit.

Bitte achtet gut auf Eure Hunde, herzliche Grüße
Claudia

Quellennachweis (sofern nicht am Foto angegeben)

Foto Ratte :  gold555engel, „Rattus norvegicus - Wanderratte“, CC-Lizenz (BY 2.0)
https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de

Mittwoch, 1. Mai 2019

Belohnen - Geiz ist gar nicht geil!! Teil 2

Wie, kein Lob? Dann mach ich nix, so! / (c) Schnaubert


 Im letzten Teil hatte ich euch ja versprochen, mehr über das richtige Belohnen zu erzählen.
Sicherheitshalber fangen wir mal bei Adam und Eva an :

Was ist Lob - denken wir?
Wir geben dem Hund etwas, von dem wir denken, dass er es gut findet. Das sind meist Tätscheln, Streicheln, Futter, Spielzeug und viele lieb gemeinte Worte.

Was ist Lob - welches der Hund als Lob ansieht?
Das hängt immer von der jeweiligen Situation ab!
Es kann der Keks sein, oder ein kurzes Knuddeln, es kann aber auch das Weiterlaufen sein, ins Wasser springen, buddeln dürfen, Hundefreunde begrüßen und mit ihnen toben, einen >>Dummy  suchen oder dem Ball hinterher sprinten, Wild beobachten dürfen usw. usw. usw.


Gioya liebt Körperkontakt / (c) Schnaubert


Was ist definitiv kein Lob für den Hund?
Als allererstes : anfassen und / oder den Kopf tätscheln!!

Ich kenne kaum einen Hund, der das mag oder als Lob ansieht. Es ist ein großer Unterschied, ob ich mit meinem Hund zuhause kuschle und dabei seinen Kopf sanft streichle, was wiederum viele Hunde genießen, oder ob ich draußen in Aktion mit ihm bin - denn da wollen nur die wenigsten Hunde tatsächlich am Kopf oder sonstwo berührt werden!
Achtet mal drauf - viele Hunde weichen draußen einer Berührung seitlich aus!

 Verbales Lob als Belohnung
 Das sollte jeder stets parat haben! Schließlich wiegt es nichts, nimmt keinen Platz weg und ist immer dabei. Loben ist doch wirklich nicht so schwer.
Der Hund schaut euch kurz an, ihr sagt fröhlich: "Fein!"
Er kommt unaufgefordert zu euch, ihr freut euch ehrlich mit "Hey, priiima Mausi!"

Nutzt doch bitte jeden Kontakt, den der Hund von sich aus anbietet. Umso weniger müsst ihr danach fragen! Denn wenn ihr nie etwas sagt und nicht reagiert, stellt der Hund seine Kontaktaufnahme zu euch nach und nach ein, weil - bringt ja nix!

 Futter als Belohnung
 Für verfressene Hunde ist Futter fast immer eine tolle Bestätigung. Hier sollte man tatsächlich darauf achten, was und wie viel man wofür gibt. Je hochwertiger das Futter an sich und je weniger davon insgesamt gegeben wird, umso höher der Wert!

Hat die Tante Trainer gerade weniger gesagt? Wo sie doch vorhin meinte "Schmeißt Lob wie Konfetti!" ??
Jawoll - ich meinte damit aber nur dieses hochwertige Mega-Leckerli!

Ich geb euch ein Beispiel:
Wir üben das Abrufen und fürs sofortige zu uns kommen bekommt der Hund ein Stückchen gekochte Hähnchenbrust. Wooow, leckerlecker!
Der Hund soll sich kurz danach hinsetzen - es gibt "nur" einen leckeren Keks.

Warum?
Weil "sitzen" kann er schon gut, schnell und zuverlässig. Das Herankommen wird also extrem hochwertig belohnt, um es gut aufzubauen, das Sitzen wird ebenfalls belohnt, aber deutlich weniger wertvoll.

Loben - bitte immer ja bei richtigem Verhalten, und dabei die Wertigkeit beachten. Je neuer und schwieriger die Übung, umso hochwertiger die Belohnung!

Pommes - Megabelohnung für den wollhaarigen Schnapposaurus Rex ;) / Foto (c) Landgrafe

Wann ist Futter keine Belohnung?

1.) Wenn der Hund etwas anderes dringender will! Zum Beispiel trinken, rennen oder buddeln.
Will er hetzen, stöbern oder spielen, kann ich das Futter evtl. werfen, rollen oder suchen lassen. Einfach aus der Hand geben ist dann zu langweilig.

2.) Wenn der Hund gestresst ist - unter großem Stress setzt der Magen-Darm-Trakt seine Arbeit aus und Hunde können nichts mehr essen. Daran erkennt ihr übrigens auch den Stress-Level eures Hundes - wenn essen nicht mehr geht, wird auch das Lernen schwierig!
Der Hund ist dann im "Kampf-oder-Flucht-Modus" und reagiert nur noch, statt nachdenken zu können.

3.) Wenn das Futter dem Hund nicht oder nur so "lala" schmeckt (logo, oder?!?). Was im Haus noch okay war, ist draußen oft nicht spannend oder wertvoll genug für den Hund. Ihr solltet also mal ausprobieren, was er mag, was er sehr gern mag und für welche Leckerlis er auch einen Rückwärtssalto machen würde :)
Also gern mal Käsewürfel, gekochte Hähnchenherzen oder Brust, Hundewurst etc. nehmen.

4.) Wenn das Futter dem Stresslevel nicht angepasst wurde.
Damit meine ich, dass Hunde unter anwachsendem Stress oft nicht mehr kauen mögen, sondern nur noch weiche Sachen essen oder aufschlecken können / wollen.
Wenn ihr also wisst, dass ihr etwas stressbehaftetes trainieren wollt, dann probiert doch als Belohnung mal eine >>Futtertube  mit ganz weichem Futterbrei. Ob nun püriertes Dosenfutter, Quark mit Leberwurst oder ähnliches, einfach mal testen.

 Spielzeug als Belohnung
 Für jagdlich ambitionierte oder sehr optisch orientierte Hunde ist der Ball oder ein >>Wurfspielzeug  oft eine Top Bestätigung.
Hier gibt es nur zwei kleine Haken an der Sache:

1.) Spielzeug kann Spannung und Stress im Hund aufbauen. Wenn man es wirft oder zergelt, puscht es den Hund. Zu viel Beute-Spiel kann den Hund so aufregen, dass man das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich angestrebt hat.

2.) Spielzeug kann süchtig machen. Es gibt nicht von ungefähr den Begriff des "Ball-Junkies".
Das Hetzen von Beute, auch wenn es nur der Ball ist, fördert die Ausschüttung von Dopamin im Hund, die "Spaßdroge" Nummer eins und dem Stresshormon "Adrenalin". Dazu an anderer Stelle mehr.

Richtig eingesetzt - z.B. der Hund darf ein Spielzeug suchen, tragen oder aus der Luft fangen und dann mitschleppen - kann man manches Verhalten erfolgreich umlenken und der Hund darf durchaus Spaß daran haben.

Umwelt-Belohnungen
Hier gibt es eine schier endlose Vielfalt und ihr solltet einfach mal euren Hund genau beobachten.
Was will euer Hund jetzt gerade gern tun? Und welche gleichartige Alternative könnt ihr ihm dann anbieten?

Ein Beispiel von mir:
mein Setter rennt sehr gern, was an der >>Schleppleine nur begrenzt möglich ist. Wir üben - wenn die Leine zu ende ist, geht es nicht weiter. Also ist ihre Belohnung beim Nachlassen der Leine: es geht weiter!

Sie hetzt auch gern Wild. Wenn sie los sprintet, ich pfeife und sie sofort zurück kommt, ist ihre Belohnung: ein heißgeliebtes Spielzeug fliegt und sie darf es verfolgen und erbeuten und wegtragen.

Gioya liebt es auch als Vorstehhund, Tiere zu belauern. Das lasse ich zu - sie darf sich anschleichen und vorstehen und beobachten - und dann werfe ich ihr Lieblingsspielzeug und sie kann ihre aufgebaute Spannung daran abbauen.

Sie bekommt also genau das, was sie in diesem Augenblick haben will, nur etwas anders.


Hetzen macht Spaß! / (c) Schnaubert
 Das Fazit:

Belohnt bitte häufig, ehrlich und freundlich sowie der Situation angepasst - ihr werdet sehen, dass euer Hund dann noch mehr bei euch und mit euch sein will und schneller bessere Leistungen erbringt.

Also - heute schon deinen Hund gelobt?? ;)

P.S.: kennst du eigentlich den Unterschied zwischen Belohnen und Bestechen?
Lies doch hier mal weiter...
Belohnen ist prima, Bestechen ist blöd

P.S.: die blau unterlegten Worte führen Euch zu schönen Produkten, und falls Ihr darüber etwas kauft, entstehen Euch keine Mehrkosten, sondern ich verdiene ein paar Cent daran :)

Belohnen - Geiz ist gar nicht geil!! Teil 1

Weltbeste Belohnung - Käse! / (c) Schnaubert
"Geiz ist geil."
Toller Werbeslogan seit Jahren, der bedeutet :
Spare, wann immer du kannst ein, was immer du kannst, und bekomme trotzdem möglichst viel dafür.

Soweit, so gut. Oder schlecht.
Ja, eher doch schlecht.
Total schlecht, um genau zu sein!

Denn was bedeutet diese Art von Mentalität denn wirklich, wenn man sie gnadenlos so auslebt?
Alles immer billig oder noch billiger - 
Kleidung (in Fernost von Vorschulkindern geklöppelt)
Milch (von armen zusammengepferchten Hochleistungsrindern, die nach 1-2 Jahren kaputt und leer sind und dann zu Billig-)
Fleisch (verarbeitet werden oder von eingepferchten Mastschweinchen oder Stopfgänsen oder Masthähnchen...)
Eier (von nackigen Hühnern aus Legebatterien, die kaum genug Platz haben, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen) und
Lob!

 Ja, auch mit Lob wird seeehr gespart, überall, auch im Hundetraining.
Wieso eigentlich?
Ich sag's euch ganz ehrlich - ich bin da total verschwenderisch und predige, da beim "Ausgeben" eher an Konfetti als an Hunderteuroscheine zu denken!

  Wer hier die "Geiz ist geil"-Methode anwendet und sich an den schwäbischen Spruch hält: "Net g'schimpft ist g'lobt genug!", und dann noch Höchstleistungen von seinem Hund erwartet, natürlich auch noch voller Enthusiasmus und Freude, der spinnt.
So, nu hab ich es gesagt!

Mal ehrlich - ich kann auch nicht nur zehn Tropfen Diesel in mein Auto füllen und dann erwarten, dass es mich nach Köln und zurück fährt! Es würde zu Recht stehenbleiben und sich weigern, auch nur einen Meter weiter zu rollen.

Ich könnte natürlich mit ihm schimpfen, dagegen treten, es schubsen und zu ziehen versuchen, doch das würde wohl wenig bringen.

Sitzstreik - Nö, ich hör dich nicht! / (c) Landgrafe

Aber ein Hund ist nun mal kein Auto. Leider kann man hier schimpfen, schubsen, ziehen, rucken, treten... und schlimmeres. Hach ja.
Oder besser, och nööö.

Dabei wär es oft so einfach.
Ehrlich!
Mit Freundlichkeit, gepaart mit Konsequenz, Geradlinigkeit und Beharrlichkeit, Humor und Geduld kommt man in der Hundeerziehung sehr viel weiter als mit härteren verbalen und körperlichen Gangarten (nachzulesen im Post "Das tolle K-G-T-H-Training").

Noch vor kurzem hatte ich für einige Wochen einen jungen, schwer pubertierenden Schäferhundrüden auf dem Trainingsplatz.
"Artus" (Name geändert) kläffte, schrie, zerrte an der Leine und wollte alle anderen Hunde verprügeln. Menschen waren ihm relativ egal, auch sein eigener.

Dieser, also sein Mensch, war offenbar ein SV'ler der alten Schule, der es bisher mit Härte und Laustärke versucht hatte. Dummerweise reagierte Artus darauf nicht wie erhofft, sondern wurde immer schlimmer in seinem Verhalten.
Bekannte hatten ihm meine Hundeschule empfohlen und so kam er versuchsweise zu mir ins Training.

Ich erkannte sofort, was dieser junge Hund brauchte - freundliche Ansprache, klare Ansagen und Arbeit, sprich er brauchte etwas, womit er sich befassen konnte, anstatt ständig seine Umgebung nach "Prügelknaben" zu scannen, an denen er seinen aufgestauten Frust abbauen konnte - aufgestaut durch die "unsachgemäße Bedienung" des Modells "Hund", Marke "Schäfer", durch den Halter.

Artus reagierte auf mein freundliches "Hey Artus, hier zu mir!" sofort und schaute mich erwartungsvoll an. "Geh mal mit!", forderte ich ihn fröhlich auf und Artus ging mit, aufmerksam, fragend was wir denn jetzt machen.
"Sitzen", forderte ich freundlich und Artus saß. Und schaute mich erwartungsvoll an.

Ich erklärte dem Halter, was sein Hund braucht und wie wir gemeinsam das Training zur Frustreduktion und Aufbau von Aufmerksamkeit halten wollten:

Kasernenhof-Ton gegen freundliche Ansprache austauschen, klar sagen, was er tun soll und sobald er sich wieder aufregt, kommentarlos das Spielfeld verlassen und erneut Aufmerksamkeit einfordern und arbeiten. Sitz, komm, stop, hier, sitz, schau... alles nett.
Und Keks rein.
Und looooben!

Aufmerksamkeit durch freundliche Ansprache und Lob / (c) Schnaubert

Ansatzweise klappte es und wurde dann von Stunde zu Stunde besser, bis Artus rund vier Meter neben den anderen Hunden arbeiten konnte, ohne sie fressen zu wollen.

Und dann kam der Einbruch ... plötzlich hieß es wieder laut "Neeiiiinnn!!", dem Hund wurde die Schnauze zugehalten, wenn er bellte und am Halsband geruckt und die nächste Stunde trug er plötzlich einen Stachler - ich war entsetzt!

Ja, weil die Leute vom Hundeplatz hatten gesagt, dem muss man jetzt in der Pubertät mal zeigen.... Und ohne Stachler kriegen wir den nicht gehalten, wenn er ausrastet.
Ja, wieso rastet er denn aus, Leute ?!?!! Mal nachgedacht??

Ich sagte höflich und bestimmt meine Meinung zu dem Piekeding, erklärte die Folgen fürs Training, bzw. den Hund und dass ich auf meinem Platz und in meinem Training so ein "Hilfsmittel / Folterinstrument" nicht dulde. Den Rest könnt ihr euch denken - ich sah Hund und Halter nicht mehr wieder.
Ich war frustriert und auch sauer.
Denn dieser Hund hätte sich bei fortgeführtem positivem Training großartig entwickelt!  
Artus wollte ja lernen - aber eben nicht durch Druck und Gewalt.

Was um Himmels Willen ist denn mit uns Menschen los, dass wir oft so viel schneller mit Strafe zur Hand sind als mit Lob?
Geben wir, bewusst oder unbewusst, unseren eigenen Alltagsfrust an den Hund weiter?
Haben wir eine falsche Denkweise von der mentalen und körperlichen Leistungsfähigkeit des Hundes?
Wieso sind wir so ungeduldig und verständnislos für die Bedürfnisse und Fähigkeiten unserer Hunde?!

Und warum zum Henker glauben so viele Menschen, Hunde würden einfach schon verstehen, was sie zu tun haben, wenn man ihnen immer nur Dinge verbietet, anstatt ihnen beizubringen, was sie statt dessen tun sollen?!
Ich begreif es manchmal echt nicht!

Zurück zum Lob und seinen immensen Vorteilen. Echtes Lob - also ein ehrliches freundliches fröhliches Lob, das der Hund auch als Lob empfindet - motiviert, gibt dem Hund Sicherheit in seinem Tun, beschleunigt das Lernen, macht Spaß und nimmt Unsicherheiten und Ängste.

Was ein echtes, ehrliches und der Situation angepasstes Lob denn ist, erzähle ich euch gern im zweiten Teil von "Geiz ist gar nicht geil" Teil 2!!










Donnerstag, 3. Januar 2019

Pro Mantel oder Gehst du im Winter nackig raus?


Langhaarhund und Mantel? Aber ja doch! / (c) Landgrafe

 Ich höre es unterwegs immer wieder, wenn wir bei Regen oder Kälte unterwegs sind.
"Wieso hat denn der 'nen Mantel an?! Der hat doch Fell!"
 Ja, hat er. Du hast auch Haare auf'm Kopf und trägst 'ne Mütze, oder?!?

Ich sag's euch ganz ehrlich - ich bin absolut Pro Mantel und Co. bei Hunden, die es brauchen!!

Und welche Hunde brauchen das und wann?

Wann ist leicht erklärt - immer, wenn es kalt oder kalt & nass draußen ist.

- Alte Hunde
Sie können meist nur schwer ihre eigene Körpertemperatur halten und haben oft kleiner oder größere Zipperlein wie Arthrosen oder Rückenleiden. Es hilft ihnen sehr, wenn man sie warm hält.

- Kranke Hunde
Hier sollte man durchaus mit einem Mantel unterstützen, Wärme tut gut.

- Welpen
Die kleinen Krümel haben oft noch dünnes Fell, einen nackigen Bauch und sind aufgrund ihrer Größe auch nah am kalten Boden. Zudem haben sie noch keinen großen Körperfettanteil und können sich selbst schlecht warm halten.

- Hunde mit wenig oder keiner Unterwolle
Hier fehlt schlichtweg die warme Wolle am Körper und diese Hunde frieren schnell, auch wenn sie sich bewegen.
Ähnliches gilt für Hunde, die durch eine Erkrankung oder Kastration ein durchlässiges Fell bekommen haben, also wirklich bis auf die Haut nass werden. Dabei wächst oft die Unterwolle übermäßig, tritt zwischen dem Deckfell hervor und zieht quasi die Nässe bis auf die Haut.

- Hunde, die längere Zeit bei Kälte oder Nässe auf etwas oder jemanden warten müssen, auch im Auto!
Eigentlich total klar, oder? Ohne Bewegung friert man schließlich noch schneller. Ausnahmen sind natürlich Autos, in denen eine Standheizung läuft.

Zudem finden empfindliche Hunde einen nassen Pelz blöd. Dazu gehört auch mein Husky. Er kommt nach dem Spaziergang viel schneller zur Ruhe, wenn er einen Mantel getragen hat.
Rotkäppchen - ungefütterter Regenmantel  / (c) Landgrafe
 Mein Setter ist recht kältempfindlich, wie viele Hunde, die aus dem warmen Ausland kommen.
Hier hilft ein Regenmantel und im Winter tatsächlich auch ein dick gefütterter Mantel, damit sie sich wohl fühlt.

Und ganz uneigennützig bin ich dabei auch nicht - die Hunde tragen sehr viel weniger Nässe ins Haus :) , was ich auch ganz prima finde.

Auch Bademäntel sind super, sogar für gesunde Pelztiere. Sie nehmen schnell die Nässe aus dem Fell auf, erhalten die Körperwärme und sorgen ebenfalls dafür, dass die Hunde nicht so viel Dreck ins Auto oder durch die Wohnung tragen.

Warm eingemuckelt schläft's sich besser / (c) Landgrafe

Schaut also einfach mal, ob Euer Hund vielleicht einen Mantel braucht und wie der aussehen sollte. Nicht jeder Hund braucht einen gefütterten warmen Mantel, manchmal reicht auch ein Regencape.

Ich habe beides für meine beiden Hunde, je nach Saison und Temperatur, sodass sie sich draußen auch bei Sauwetter wohl fühlen :) .

Samstag, 8. Dezember 2018

Ein Hund ist keine Waschmaschine ...

"Kriegt ihr jetzt 'nen Neuen?"
Ein Satz, der mich innerlich erstarren lässt.

Es ist Ende September 2015 und unser bester Freund ist seit wenigen Tagen tot. Wir sind immer noch unter Schock. Wir trauern und in unseren Herzen prangt ein großes Loch.
Kriegt ihr jetzt 'nen Neuen...

Ja, ich verstehe die Frage inhaltlich.
Sie ist ja auch nicht böse gemeint.
Schließlich kommt sie von jemandem, der keinen Hund hat, nie einen hatte und somit auch nicht verstehen kann, dass es nicht so einfach "einen Neuen" geben kann.

Einen Neuen ... als handele es sich um einen Fernseher oder eine Waschmaschine. 

Was soll ich darauf sagen? Auf diese für mich echt pietätlose, herzlose Frage?
Dein Opa ist tot - oh, suchst du dir jetzt nen Neuen?
Ty, gegangen im September 2015 ... / (c) Landgrafe
Ich will ja höflich bleiben.
Schließlich verstehen Menschen, die keine Haustiere haben, den Schmerz und die Trauer nicht, die man empfindet, wenn eine geliebte Seele von uns gegangen ist.
Es gibt ja genug "Neue" als Ersatz, im Tierheim oder beim Züchter oder auf Ebay...

Oberflächlich betrachtet hat dieser Mensch ja sogar Recht, es sind so viele, die auf ein neues Zuhause warten, zu viele, um sie alle retten zu können.
Und ja, ich kann mir ein Leben ohne Hund absolut nicht mehr vorstellen.
Und dennoch - einfach so "einen Neuen" wird es nicht geben. Nicht so, wie dieser Mensch sich das denkt.

Jedes Tier hat eine Seele und eine Persönlichkeit, die man nicht einfach so ersetzen kann.
Man kann einer neuen Seele und Persönlichkeit die Tür öffnen und Raum geben, ihr ein anderes Stück seines Herzens öffnen. Aber man kann keinen einzigen von ihnen ersetzen. Nicht einfach so, wie man ein Möbelstück ersetzt.

Einen Neuen ...
Ja, natürlich gibt es Neuzugänge, bei uns waren es zwei. Und jeder von ihnen ist so völlig anders als "Ty" es war und so individuell und einzigartig im Wesen und Verhalten. Jeder ist für sich ein großartiges Wesen und es wird eines Tages wieder so schrecklich werden, wenn sie uns verlassen müssen.

Ich sag's Euch ehrlich - es trifft mich auch immer wieder, wenn einer meiner Kundenhunde geht. Auch wenn mir Kollegen deswegen schon mangelnde Professionalität vorgeworfen haben.
Aber ich hab sie alle im Herzen, weil ich mich auf sie einlasse, auf ihre Persönlichkeit, ihre Seele.

So wie der Labradoodle-Welpe, der einen Impfdurchbruch erlitt und solche epileptischen Anfälle bekam, dass er mit nur 4 Monaten erlöst werden musste.
Wie die Pointerhündin "Taissa", die ich rund zehn Jahre lang kannte und die im Januar ging.
Oder dieser tolle altdeutsche Schäferhundrüde "Lobo", der viel zu jung durch einen Tumor gehen musste.
So wie der alte Labrador "Lucky", der erst vor zwei Tagen ins Licht ging und den ich rund acht Jahre begleiten durfte. Er war ein gute Freund von unserem "Ty" und ich hoffe, die beiden spielen jetzt wieder zusammen im Regenbogenland.

Jeder dieser Nachrichten tut mir im Herzen weh.
Weil ich diese Hunde sehe als das, was sie sind - nicht nur "ein Tier", sondern eine fühlende freundliche charakterstarke Seele, die mit der meinen in Verbindung getreten ist.

Und eines werden ich keinen dieser Menschen fragen:
"Kriegst du einen Neuen?"
Aber ich werde mich freuen, wenn sie wieder einen vierbeinigen Freund finden, dem sie ihr Herz öffnen können...



Donnerstag, 6. Dezember 2018

Perspektiv-Wechsel oder Wie aus einem Elefant ein Schwan wird

Mir schwant da was... /Zeichnung (c) Landgrafe

Ich fahre auf der Autobahn in einer Baustelle hinter einem LKW her und irgendwann fällt mir dieser Schwan auf den beiden Schmutzlappen hintendran auf.
Ich hab schon einige Tiere auf LKWs gesehen, aber ein Schwan? Nun gut, es gibt ja alles mögliche, denke ich.
Als ich schließlich am Ende der Baustelle näher an den LKW heran fahre, um ihn zu überholen, sehe ich, dass eine hinten quer angebrachte dicke Stange des Rest des Tieres verborgen hat und ich muss lachen - es ist ein Elefant, das Symbol von "Cargobull", das ich eigentlich kenne.
Aus dieser Perspektive ganz klar erkennbar.

Da sind sie, die "Cargo Elefantenbullen" :) / (c) Lesser

Aber mit Abstand, leicht schmutzbehaftet, mit mangelnder Konzentration und ungenauem Hinsehen... ein Schwan!
Wenn ich's mir jetzt so ansehe, hätte es auch "Nessie" sein können *grins*.
Okay, mein Fehler.

Was sind Fehler?
Gibt es Fehler?

Der Duden sagt dazu:
etwas, was falsch ist, vom Richtigen abweicht; Unrichtigkeit
irrtümliche Entscheidung, Maßnahme; Fehlgriff
schlechte Eigenschaft, Mangel
Stelle an einer hergestellten Ware, die nicht so ist, wie sie sein müsste

Ich sag's Euch ganz ehrlich - nein, es gibt keine Fehler! 
Es gibt nur Handlungen und Ergebnisse.
So. Darüber dürft Ihr jetzt erstmal nachdenken.

Jede Handlung / Aktion erzeugt ein Ergebnis, ob uns das gefällt oder nicht.
Es gibt gute Ergebnisse - dann sprechen wir gern von Erfolg.
Es gibt schlechte Ergebnisse - dann sprechen wir oft von Fehlern oder Misserfolg.

Dabei ist "Erfolg" nur etwas, das "erfolgt", nachdem wir etwas getan oder gelassen haben, unabhängig davon, ob es gut oder schlecht für uns ist.

Kommen wir mal mit dieser Info zur Perspektive und dem Bezug zum Hundetraining zurück.

  Beispiel: 
Frau Müller geht mit ihrem Jagdhundmischling "Pepe" im Wald spazieren.
Plötzlich bleibt Pepe abrupt stehen, eine Vorderpfote leicht angehoben und starrt ins Unterholz.
Frau Müller erschrickt und ruft sofort: "Pepe! NEEEEEIIIIINN!!! HIERHER, SOFORT! Kommst du wohl hierher? NEIN!"
Und Pepe startet durch.... leider nicht in Richtung Frauchen, sondern in den Wald hinein.

Lass mich los, ich hab da was gesehen!! ( (c) Schnaubert
  Selbe Situation - Perspektiv-Wechsel - Hundesicht.
Pepe geht mit Frauchen im Wald kontrollieren und jagen.
Plötzlich hört er etwas im Unterholz und bleibt sofort stehen, alle Sinne auf das Geräusch gerichtet. War da wirklich was?
Da regt sich Frauchen plötzlich auf und wird ganz laut und aufgeregt - also ist da bestimmt was! Okay, wenn sie nicht versteht, dass Pepe ihr eigentlich nur etwas zeigen wollte...
Pepe startet durch, um nachzuschauen und die Spannung abzubauen, die sich in ihm aufgebaut hat.

  Wer hat jetzt den "Fehler" begangen - Pepe oder Frau Müller?

  Selbe Situation - andere Handlung = anderes Ergebnis = Erfolg ;)
Frau Müller und Pepe gehen gemeinsam den Wald erkunden.
Frau Müller weiß, dass ein Jagdhund sehr an seiner Umwelt und an Bewegungsreizen interessiert ist und lobt ihn für alles, was er ihr anzeigt, sei es nun ein Wildwechsel oder eine Feder am Boden oder auch einfach nur eine interessante Stelle im Gras. Sie zeigt Interesse und Pepe findet das gut.
Da hört Pepe etwas und steht abrupt vor, um anzuzeigen, das da etwas im Unterholz ist.
Frau Müller sagt ganz ruhig: "Suuuper, Pepe, fein machst du das. Nur schauen! Prima ... So, nun gehen wir weiter."
Und Pepe schaut sich um, wedelt und kommt tatsächlich mit. Denn Frauchen hat Spielzeug dabei, dass sie nun wirft, damit Pepe es hetzen und erbeuten kann.

  Was ist passiert? 
Ganz einfach - der Mensch hat die Perspektive des Hundes angenommen und reagiert auf dessen Bedürfnisse, statt ihm seine eigenen aufzuzwingen. Zudem geht er MIT seinem Hund gemeinsam durch den Wald, beobachtet ihn, agiert und reagiert auf seine Zeichen, anstatt für sich zu sein oder schlimmstenfalls noch mit dem Handy herumzudaddeln.

  Frau Müller kennt die Bedürfnisse ihres Hundes (Spuren suchen, Wild aufstöbern, es anzeigen und hetzen) und nutzt sie, um sein Verhalten zu kontrollieren.
Sie erkennt Pepes Fähigkeiten an, erkennt was er ihr zu sagen hat und reagiert entsprechend, statt dagegen zu handeln und seine Handlungen zu unterdrücken - was meistens sowieso nicht funktioniert.
Dazu hat sie mit Pepe verschiedene Situationen geübt und ihm Alternativen zum Jagen und Hetzen beigebracht ( Spielzeug "jagen und erbeuten", Futter suchen, stehen und beobachten statt zu hetzen etc.).

Hunde gehen nicht spazieren.
Sie kontrollieren ihr Revier, suchen nach Nahrung und Wild und nach passenden Partnern. Dazu nutzen sie alle ihre Sinne. Nimmt der Mensch gezielt und kontrolliert daran teil, wird mit einiger Übung der "Spaziergang" sehr harmonisch.

Ein weiteres Beispiel:
November, es regnet und ist recht kühl. Herr Schulze übt für die Begleithundprüfung mit seinem Rhodesian Ridgeback Rüden Carlos.
Er verlangt ein "Platz!", doch Carlos zögert und schaut ihn fragend an.
Als Herr Schulze energisch das "Platz!!" verlangt, hockt er sich langsam hin, doch er legt sich nicht.
Herr Schulze wird wütend. Der blöde Hund kann das doch! Wieso jetzt nicht?!?

Perspektiv-Wechsel
Carlos und sein Herrchen arbeiten miteinander. Carlos mag das gern, aber heute ist es kalt und nass und als Herrchen das "Platz!" verlangt, zögert er. Ihm ist sowieso schon kalt und er weiß, der Boden ist noch kälter. Nein, hinlegen mag er sich gerade gar nicht gern.
Also fragt er nach, ob das wirklich sein muss.
Herrchen wird lauter und Carlos hat Respekt vor seiner lauten Stimme. Also versucht er einen Kompromiss und bietet ein Hinhocken an, damit sein Po und Bauch nicht das kalte, nasse Gras berühren müssen...

Da zwischen durch? Vergiss es! / (c) Landgrafe
 Muss ein Hund wirklich immer tun, was wir verlangen? 
Nur weil wir es so wollen? 
Ohne dass es einen wirklich wichtigen Grund dafür gibt???
 Ich finde NEIN!!

Intelligenten Ungehorsam nenne ich ein solches Verhalten.
Hunde sind keine Marionetten und wenn sie etwas verweigern, dann sollten wir einmal innehalten und darüber nachdenken, wieso sie das tun.

Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen "keinen Bock" und "ich kann gerade nicht"!

"Keinen Bock" lasse ich nicht gelten im Training, da bleibe ich mit sehr viel Geduld und Beharrlichkeit dran, bis die Übung 1x gut geklappt hat. Das eine Mal genügt mir dann aber auch. Erstmal.

Bei "Ich kann nicht" hat der Hund einen guten Grund, sich zu verweigern. Diesen gilt es herauszufinden und dann zu schauen, was man statt dessen tun kann - oder ob man überhaupt in diesem Moment etwas tun muss.

So sind bei der Spurensuche viele Hunde am Start so aufgeregt, dass sie nicht sitzen können. Es dennoch zu verlangen gießt Öl ins Feuer - die Hunde werden immer hibbeliger.
Natürlich kann man das nach und nach üben. Aber es generell zu verlangen, obwohl der Hund sich vor Aufregung und Vorfreude fast überschlägt, halte ich für kontraproduktiv. Schließlich soll der Hund Spaß an der Arbeit haben. Und ich finde, strenge Regeln und Spaß schließen einander oftmals aus.

Also denk bitte drüber nach, wieso du deinem Hund sagst, dass er etwas tun soll.
Ist das wirklich gerade nötig?
Würdest du es an seiner Stelle sofort tun?
Gibt es eine Alternative?

In diesem Sinne - macht's gut und wechselt ab und zu mal die Perspektive :)