Mittwoch, 20. Januar 2021

Wenn die Welt sich einfach weiterdreht oder Du fehlst...

Strahlemann / Foto: Schnaubert


Die Welt dreht sich einfach weiter.

So kommt es mir vor. Die Welt dreht sich weiter, es regnet oder schneit, die Post kommt, ich muss putzen und Wäsche machen.

Aber da ist ein Loch in unserem Haus. Ein stilles Loch.

Gioya will spielen und kuscheln. Aufgrund ihrer erst kürzlich erfolgten Goldnadelbehandlung muss sie noch geschont werden. Das bedeutet, drei Mal am Tag ein kurzer Spaziergang an der Leine, ansonsten Kopftraining mit Spielzeug und Futter im Haus.
 

Aber da ist kein Grummeln, kein Drängeln, kein Stapfen von dicken Yetifüßen. Das stille Loch hat alle Geräusche aufgesaugt.

Du fehlst. Ach, wie du fehlst.

Müder Bär / Foto: Landgrafe

Ja, du warst laut und anstrengend und groß und stur und hast uns so viel Zeit gekostet, so viel Arbeit, so viel Mühe, Geld und letztendlich auch Tränen.

Und dennoch würden wir alles geben, wenn du jetzt einfach aus dem Garten reinstapfen und meckern würdest, weil dir mal wieder dein Essen nicht passt. Oder es aus deiner Sicht zu wenig war. Oder beides, nacheinander.

Bei Ty waren wir am Boden zerstört, als er unerwartet gehen musste. Bei dir war es abzusehen, ein schrecklicher schleichender Prozess, unaufhaltsam. Jetzt sind da zwei Löcher in unseren Herzen, dicke Prankenlöcher, und sie tun einfach nur weh.

Du fehlst. Ach, wie du fehlst...

Pommes-Raptor / Foto: Landgrafe

Niemand wird dich je ersetzen können. 
So wie du auch Ty nicht ersetzen konntest. Er war er und du warst du. Niemand kann jemand anderen im Herzen ersetzen, nur ein neues Stückchen davon einnehmen.

Ty fehlt. 
Und du fehlst.
Ach, wie du fehlst...

... / Foto: Landgrafe

Und jetzt sitze ich hier und weine, und hab das Gefühl, das schwarze stille Loch saugt alles auf.
Tageweise geht es, dann kommt ein Moment und du bist so präsent und dann... dann fehlst du so sehr.

Wir waren uns einig - kein zweiter Hund mehr! Auf keinen Fall.
Okay, vielleicht irgendwann.
Gut, vielleicht Ende diesen Jahres...

Verrückterweise haben wir nun doch schon seit Tagen Adoptionsseiten gewälzt. Wir haben so sehr das Bedürfnis, dieses stille Loch mit neuem Leben zu füllen.

Wir hauen uns gegenseitig auf die Finger.
Erwägen.
Sind uns einig und dann doch wieder nicht.
Noch nicht.
Gioyas Genesung hat Vorrang. 
Wir müssen unsere ausgebeuteten Reserven auffüllen - finanziell, energetisch, seelisch...

Aber du fehlst, ach wie du fehlst...

Gut drauf im Sommer 2019 / Foto Schnaubert

Wir werden es nicht bis Ende diesen Jahres schaffen, davon bin ich überzeugt.

Man wird uns als völlig verrückt bezeichnen, weil wir wieder Geld ausgeben, Nerven lassen, weniger schlafen, mehr zu tun haben werden.

Doch genauso wie Ty und danach du wird da jemand in unser Leben stolpern, der uns ebenso braucht wie wir ihn. Oder sie. Wer weiß das schon so genau?

Und vielleicht wirst du unseren Blick auf diesen Hund lenken, so wie Ty unseren Blick auf dich gelenkt hat. Zur richtigen Zeit. 
Davon sind wir überzeugt.
Deswegen glauben wir auch, dass es keinen Sinn hat, sich auf eine Rasse einzuschießen, oder ein Geschlecht, oder ein Alter. Das hatte ja bei dir schon nicht geklappt *lach*.

Du fehlst, und du wirst immer fehlen, so wie auch Ty immer fehlen wird.
Wir haben euch beide so lieb, immer noch.

So, bäh! / Foto Schnaubert

Mach's gut, du sturköpfiger Wuschelbär mit den dicken Yetifüßen.

Ich wette, du lachst da oben, während du über die Wiese rennst und rufst: "Haaaasiii, warte doch!"
Ich hoffe, du fängst ihn (sorry, Hasi).

Mach dir keine Gedanken um uns. 
Du bist nur vorausgegangen.
Wir sehen uns irgendwann wieder, mein dicker Bär.

Und wundere dich nicht, wenn wir dann ein ganzes Rudel im Gepäck haben...




 

Dienstag, 12. Januar 2021

Unser Goldstück - innen und überhaupt und überall

 

Gioya 2019 / Foto: Y. Schnaubert

Nachdem im September 2015 unser Ty von uns gegangen war, wollten wir erstmal keinen Hund mehr. 

Unser Ty - unvergessen... / Foto: C. Landgrafe

Wir wollten uns erholen, finanziell, nervlich und seelisch, wir wollten Urlaub und ohne schlechtes Gewissen Ausflüge und Unternehmungen machen, die mit Hund eher schwierig bis unmöglich sind.

Drei Monate hielten wir mehr schlecht als recht ohne Hund durch, dann ging es einfach nicht mehr und am 08. Januar 2016 zog Dayan bei uns ein, ein siebenjähriger Wooly Husky aus dem Tierschutz.

Dayan war von Anfang an der Hund meines Mannes, zwei Seelen die einander wiedergefunden hatten, so kam es uns vor. 

Dayan war großartig - laut, stur, lustig, kommunikativ den ganzen Tag... aber nicht mein Hund.


Dayan kurz nach seiner Ankunft / Foto: C. Landgrafe

Mir fehlte da etwas, immer mehr, und so kam es, dass ich mich im April 2017 in ein paar große braune Augen verliebte, die aus einem Skelett mit Fell heraus schauten - Gioya, damals noch "Kuia" genannt.

Gioya auf ihrer Pflegestelle in Spanien / Foto: Setter Rescue Germany e.V.

Ich war schockverliebt in diesen "The living dead Setter" und wusste einfach, sie ist mein Hund.

Am 13. Mai durften wir sie in Empfang nehmen - einen ausgemergelten Körper mit stumpfem Blick, ohne Interesse am Menschen, dafür flog sie regelrecht hinter jedem Vogel her, ungeachtet der Leine oder eines Zauns oder sonstiger Gefahren...

Skelett mit Fell, schon etwas aufgepäppelt... / Foto: C. Landgrafe

Achtundvierzig Stunden haben wir alle kaum geschlafen nach ihrer Ankunft. Sie rannte und rannte und ich musst sie im Haus an die Leine legen und zwischendrin auch aufs Sofa packen und festhalten. 
Nur langsam kam sie runter und zur Ruhe und entdeckte... das Leben :)

Nach einer Woche bei uns / Foto: C. Landgrafe

Vier Wochen nach ihrer Ankunft... / Foto: C. Landgrafe

Gioya Herbst 2019 / Foto: Y. Schnaubert

Während es Dayan leider unaufhaltsam schlechter ging aufgrund seiner vielen körperlichen Baustellen, wurde auch Gioya langsam immer kranker. Immer wieder schwollen ihre Handgelenke an, wurden wieder dünner und doch wieder dicker.

Wir versuchten nach und nach alles, doch unaufhaltsam wurde es schlimmer und schlimmer...

- Homöopathie

- Akupunktur

- Physiotherapie

- Ernährungszusätze

- Blutegel

- Entzündungshemmer

- Spritzen in die Gelenke

- zuletzt Kortison auf Dauer und Novalgin, wovon ihr schlecht wurde...


Alle Gelenke geschwollen und schmerzhaft / Foto: C. Landgrafe

Wir kamen an einen Punkt, an dem ich verzweifelt nach Hilfe für Gioya suchte. So ging es einfach nicht weiter und die Aussichten waren mies.

Ich googelte immer wieder, wochenlang, nach anderen Therapieansätzen, die bei schwerer Polyarthritis helfen würden. Nichts erschien mir sinnvoll oder nachhaltig.

Unser wirklich sehr lieber Haustierarzt sagte bei einer Untersuchung im bitteren Scherz, als ich ihn nach Goldakupunktur fragte: 

"Eigentlich müsste man dann ein Schrotgewehr mit Gold laden und draufhalten."

Die Sorge um Dayan und Gioya war groß und wir weinten viel und oft, weil wir einfach am Ende unserer Kräfte, Ideen und Möglichkeiten waren.

Am 06. Januar 2021 ging Dayan ins Licht... dazu an anderer Stelle später mehr. 

Ich möchte hier nicht zu viel dazu schreiben, nur dieses - er hat Gioya damit einen unglaublichen Liebesdienst erwiesen und uns ein wunderbares Geschenk gemacht. Auch das erkläre ich später an anderer Stelle...

Am 08. Januar hatten wir die Eingangsuntersuchung in der Praxis am Gotenring bei Frau Dr. Wilms in Köln. Ihre Diagnose war mehr als niederschmetternd - Gioya hatte solche Schmerzen, dass man sie eigentlich aus Tierschutzgründen in naher Zukunft hätte erlösen müssen.

Ich fasse es einfach zusammen - der ganze Hund war ein Schmerz, auf einer Skala von 1-10 ein satte 7 bis 8. Sämtliche Gelenke waren betroffen. Gioya hatte schlimme Rücken- und Gelenksschmerzen, überall. Dass sie noch so fröhlich auf ihren eigenen Beinen unterwegs war, grenzte fast an ein Wunder.

Frau Dr. Wilms sagte schmunzelnd, sie laufe "wie eine Schildkröte im Formel 1 Modus" - steifer Rücken, aber die Beine darunter rotieren... Gioya sei ein Hund mit solch einem unbändigen Lebenswillen und einer unglaublicher Selbstüberzeugung, das auch zu schaffen.

Ihr könnt Euch vorstellen, wie ich dort stand, mit meiner süßen kleinen Frau Setter, zwei Tage nachdem wir Dayan verloren hatten.

Es gab keine Frage, OB wir sie schmerztherapeutisch behandeln lassen würden. Egal wie und so schnell wie möglich, und wenn wir einen Kredit für sie aufnehmen müssten!

Die Kosten waren hoch. Und unsere Reserven durch die stetigen und letzten intensivmedizinischen Behandlungen von Dayan verbraucht.

Ich überlegte wie wir das jetzt stemmen sollten, während wir einen Notfalltermin für eine Woche später ausmachten. Denn unter normalen Umständen gibt es wochenlange Wartelisten...

Am Abend überredete ich meinen Mann dazu, für Gioya eine Spendenaktion in Facebook einzustellen. Jeder Euro würde helfen, und falscher Stolz war jetzt wirklich fehl am Platz.

Aktuell hatten wir für beide Hunde zusammen seit Oktober 2019 eine Summe von rund 11.000 Euro Kosten für Tierarzt, Medikamente, Physiotherapie geleistet und wir waren am Ende.

Ich hoffte auf vielleicht 500 Euro, die reinkommen würden. So hätten wir zumindest eine Anzahlung machen können und der Rest würde halt finanziert werden. Zu fast 9% durch eine Tierarzt-Bank, aber hey - Scheißegal, es ging um Gioyas Leben!

Doch es kam dann ganz schnell ganz anders...

Unser Spenden-Moneypool auf Paypal glühte regelrecht, unglaublich viele Menschen teilten unseren Aufruf und spendeten kleine und große Beträge.

Schon am Samstagmorgen hatten wir fast 1.300 Euro zusammen, und dann kam ein Anruf aus Köln - ein Termin war abgesagt worden, Gioya könnte sofort am kommenden Montag drankommen.

JA!! Ja, ja, ja!!! Natürlich sagte ich zu.

Und wir erlebten bis zum Montag ein kleines, großes Wunder für uns - durch Spenden kam der gesamte Betrag von 3.000 Euro zusammen, wir konnten die Behandlung sofort komplett bezahlen!

Ich war so aufgeregt, als ich mit meiner kleinen Maus um 8.30 Uhr ins Auto stieg und mich auf den Weg machte. 

Und alles lief völlig komplikationslos - die Anfahrt ohne Stau oder Verfahren (und ich hasse Großstädte mit drei Fahrspuren und verfahre mich regelmäßig in ihnen), ich bekam einen gebührenfreien Parkplatz!! keine 30 Meter von der Praxis entfernt, Gioya war ganz entspannt und die ganze Behandlung samt Aufwachen danach war einfach nur ruhig und gut und entspannt, so wie die ganze Atmosphäre in der Praxis.

Wir wurden mit den Worten begrüßt: "Ich freue mich so, dass ich Gioya so schnell wiedersehe und sie jetzt behandeln darf."

Es wurde darauf geachtet, dass alles leise war, dass Gioya vor Behandlungsbeginn bequem und vor allem warm gelagert wurde und dass es ihr gut ging.

Frau Dr. Wilms zeigte mir direkt praktisch, wie die Nadeln bei Gioya wirken würden. Ich spürte, wie sich ein harter Muskelstrang im Oberschenkel nur Sekunden nach dem ersten Setzen einer Nadel butterweich entspannte. Und wie sich der eigene Puls veränderte, wenn sich das gestörte Energiefeld des Hundes an dieser Stelle ausgleicht - eine unglaubliche Erfahrung!

Ich spürte die Liebe zum Tier und die Liebe zu ihrer Arbeit und ich hatte solches Vertrauen, das jetzt alles gut werden würde.

So konnte ich wirklich entspannt 2 Stunden im Wartezimmer sitzen (und für meine Prüfung zum Ernährungsberater für Hunde büffeln) und mich dann zum Aufwachen zu ihr setzen.

Im Land der Träume mit Schlafmaske / Foto: C. Landgrafe

Schon wieder wach / Foto: C. Landgrafe

Die Diagnose liest sich wirklich schlimm. 
  • Arthrosen in wirklich allen Gelenken bis in die Zehen hinein
  • mehrere Bandscheiben defekt und kaum noch vorhanden
  • Wirbel im Nacken zusammen gewachsen
  • Spondylosen (Wirbel unterhalb zusammen gewachsen) und 
  • "kissing spines" (Wirbel oberhalb zusammen gewachsen)
  • Hüftgelenksdysplasie
  • ein alter unbehandelter und falsch zusammen gewachsener Beinbruch des linken Unterschenkels (Wadenbein)
  • offener Rutenbruch auf derselben Höhe
  • alter Kreuzbandriss im Knie
  • gestörtes Narbenbild der Kastrationsnarbe am Bauch mit Verwachsungen ...
Die Röntgenbilder sprechen glaube ich für sich.

Zehen und Handgelenke von Gioya aktuell / Röntgenbild: 

Tierarztpraxis am Gotenring


Sprunggelenke hinten / Röntgenbild: 

Tierarztpraxis am Gotenring


Fusionierte Nackenwirbel (Kreis) / Röntgenbild: 

Tierarztpraxis am Gotenring


nochmal Nahaufnahme, Handgelenk links / Röntgenbild: 

Tierarztpraxis am Gotenring



Heute ist Dienstag, der 12. Januar 2021 und Gioya geht es den Umständen entsprechend gut.

Zusätzlich zu den Nadeln wurde sie umfassend untersucht, ihre Tränen-Nasen-Kanäle gespült (weil sie da Probleme mit hatte), ihre Zähne gereinigt und die Entzündungswerte im Blut kontrolliert (all inclusive).

Nur einen Tag, nachdem sie mehr als 120 Gold- und Platinnadeln im ganzen Körper, quasi von Kopf bis Fuß wortwörtlich gesehen, implantiert bekommen hat, steht und läuft sie anders.

Dicke Handgelenke und Plattfüße... / Foto: C. Landgrafe

Rückenansicht am Abend nach Behandlung / Foto: C. Landgrafe

Sie hat eine andere Körperspannung, steht deutlich gerader, aufrechter, besonders hinten hängt sie nicht mehr so durch.

Sie konnte heute (weil ich zu langsam war, um sie aufzuhalten...) zum ersten Mal seit Monaten unsere Treppe nach unten zügig laufen, statt sich langsam Stufe für Stufe vorzuarbeiten.

Wie geht es nun weiter?

Gioya wird zwei Wochen lang extrem geschont. Das bedeutet, drei kleine Spaziergänge an der kurzen Leine von maximal 15 Minuten auf geradem und möglichst sauberen Untergrund (also kein Wald...) im Schritt-Tempo.

Sie wird schrecklichen Muskelkater bekommen, weil sich ihre Schonhaltung zu einer normalen Haltung verändert, dafür bekommt sie ein gut verträgliches homöopathisches Mittel nach Bedarf.

Das Kortison wird ganz langsam in der Dosierung heruntergefahren und möglichst in einigen Wochen ganz abgesetzt.

Novalgin und Kortison werden durch ein anderes, schonenderes Medikament ersetzt, das bedarfsweise gegeben wird. Das besprechen wir noch mit unserem Haustierarzt.

Auslastung über Kopfarbeit, damit ihr nicht langweilig wird, natürlich auch nur Minutenweise, denn ein Körper der heilen will, braucht viel Ruhe.

Und dann nach 10 Tagen Beginn der Physiotherapie und Muskelaufbau.

Wir sind so froh und glücklich und danken allen Spendern und allen, die uns unterstützt haben, um das zu ermöglichen!

Ein besonders herzlicher Dank geht an die Tierarztpraxis am Gotenring - Frau Dr. Wilms und ihr Team. Einfach nur "Danke!!"


P.S.: Während der Spendenaktion gab es von einer Person die Aussage, der Preis dieser Behandlung sei "für den Spaß zu teuer" und hätte bei ihrem Hund nicht lange gewirkt (was mir für den Hund wirklich leid tut), Physio und Blutegel würden es auch tun.

Dazu möchte ich nur sagen - es gibt einen großen Unterschied zwischen dem "Preis" und dem "Wert" einer Sache.

Gioyas Leben und Befinden war und ist es uns wert, und dann spielt der Preis eine untergeordnete Rolle...

PPS: da es noch Nachfragen zu weiterer Unterstützung für die weitere Behandlung von Gioya gibt, 
hier unser Moneypool:    Spendenpool für Gioya

oder unser Konto: 
Claudia Landgrafe
Volksbank Oberberg e.V.
IBAN: DE81 38462135 2008044018