Mittwoch, 22. November 2017

Tod im Wald oder Manche Menschen machen mir Angst

Vor einer Woche berichtete mir eine Kundin, dass der Hund ihrer Freundin auf einem Waldweg totgefahren wurde. Ein Angestellter eines ortsansässigen Energieunternehmens sei mit seinem Fahrzeug sehr schnell über den Waldweg gebrettert und habe den Hund zu spät gesehen. Das Tier war zum Glück sofort tot und musste nicht leiden.

Ich sag's euch ganz ehrlich - das macht mir Angst!
Natürlich könnte man jetzt sagen, das ist ein trauriger Einzelfall. Leider falsch.

Mein Mann hat vor knapp fünf Wochen besagtes Energieunternehmen angerufen, um sich über einen Fahrer zu beschweren, der auf dem öffentlich zugänglichen Betriebsweg des Unternehmens, der von vielen Spaziergängern mit und ohne Hund gern genutzt wird, ebenfalls sehr schnell an ihm vorbei gerauscht war. Mein Mann konnte so gerade noch beide Hunde und seinen eigenen Hintern auf den schmalen Seitenstreifen am Weg schieben und wurde beinahe noch vom Außenspiegel gestreift.

Und auch mir ist es schon mehrfach passiert, auf besagtem Betriebsweg, mitten im Wald und auf für den Normalverkehr gesperrten Straßen zwischen Wiesen und Feldern, und nicht nur von diesem Unternehmen, sondern auch von Forstbeamten, Jägern und "Otto-Normal-Autofahrern"!

Auf dem Betriebsweg hatte ich die Hunde angeleint und der Fahrer machte keine Anstalten, abzubremsen, als er uns sah. Da mein Setter ein Quirlchen ist und an der Flexileine rennt, hab ich gepfiffen und sie kam auch sofort zu mir.
Dennoch musste ich, um sie zu schützen, mitten auf dem Weg stehenbleiben, damit der Fahrer nun doch mal die Bremse antippt. Das tat er sichtlich genervt, doch da er mich nicht über den Haufen fahren wollte, musste er notgedrungen wirklich anhalten. Und ich habe in aller Ruhe mich und meine Leinen samt Hunden dran sortiert, auf den Seitenstreifen bugsiert und dann durfte der gnädige Herr auch weiter fahren.

Ein weiteres Mal kam ich gerade aus diesem Weg heraus, davor befindet sich eine Kurve. Das heißt, der Weg ist nicht sofort zu sehen. Dieser Fahrer musste eine Vollbremsung machen, sonst wären Gioya und ich beide unterm Reifen gewesen. Und ja, mein Hund war angeleint und hatte in diesem Moment keine zwei Meter Leine zur Verfügung. Reflexartig riss ich sie näher zu mir heran und es passte haarscharf.


Entspannt mit Beute voraus ... und plötzlich kam das Auto von rechts! / Foto (c) Landgrafe

 Auf einem Waldweg, mitten im Wald - wer rechnet denn da mit einem Auto, dass um die Kurve gebrettert kommt, als würde der Typ am Steuer in einer Aufholjagd die Ralley Paris-Dakar fahren?
Da rutscht einem das Herz ganz tief in die Hose!

Ich brüllte nur meinem frei laufenden Hund ein "STOPP!!!" hinterher und zum Glück blieb er am Wegrand stehen, während ich mit den Armen wedelnd auf den Fahrer zu rannte. Auch der musste abrupt bremsen, was auf einem feuchten Waldweg eher eine kleine Rutschpartie gleicht.
Da war meine Impulskontrolle gerade mal nicht vorhanden und der Mann durfte sich von mir sehr böse und sehr, sehr laute Schimpfworte an den Kopf knallen lassen.

In unserer Gesellschaft ist das Rasen offenbar ein Kavaliersdelikt. 
Akzeptieren kann und will ich das jedoch nicht!
Mit welchem Recht spielen diese Menschen mit dem Leben anderer - egal ob Mensch oder Tier?!? 

Wenn sie sich selber dabei umbringen, ist mir das herzlich egal! Da habe ich keinerlei Mitleid.
Mir ist es völlig egal, wieso dieser Mensch mit seinem Auto gerast und dann verunglückt ist. Klingt krass, aber das meine ich genau so, wie ich es sage!
Da kommen die dümmsten Ausreden zusammen, wie: keine Zeit, der andere hat provoziert, ist doch alles frei hier, der Weg ist halt kürzer, nachts ist doch hier eh keiner unterwegs - bla bla bla.

Wer außerhalb einer Rennstrecke rast, egal wo und bei welchem Wetter, und glaubt, er hätte sein Fahrzeug im Griff und könne sich deswegen erlauben, wie eine "angesengte Sau" zu fahren und müsse keine Rücksicht auf Andere nehmen - sorry! Kein Mitleid!

Leid tun mir alle anderen, die oftmals in diese Sache involviert und verletzt werden - Mitfahrer, Angehörige, Unfallgegner, an- oder totgefahrene Tiere...


Freilauf am Wald und Feldweg ... mittlerweile mit einem wachen Ohr und ungutem Gefühl / Foto (c) Landgrafe
 Es gibt so viele Beispiele, die wir bereits erlebt haben, wo wir nur von Glück sagen können, dass niemandem etwas passiert ist.

Liebe Leute, wieso gibt es eigentlich keinen Ego-Test in der Fahrschule? An dem man schon vorher messen kann, ob dieser angehende Fahrer oder die Fahrerin überhaupt menschlich, mental und emotional tauglich ist für einen Führerschein?!?

Besonders junge Männer scheinen sich immer wieder selbst oder Mädels oder ihren Kumpels beweisen zu müssen, was für großartige (Renn-)Fahrer sie sind. Sorry Jungs - alles was ihr damit beweist, ist eure geistige Beschränktheit und fehlende Reife!

Auch gestresste Mütter brettern manchmal wie irre durch dreißiger Zonen, nachdem sie soeben ihr Kind an der Schule oder im Kindergarten abgeliefert haben...

Männer mittleren Alters, die schon seit zwanzig Jahren unfallfrei fahren und deswegen alle Verkehrsreglen brechen dürfen, denn sie sind ja soooo tolle Autofahrer...

Leute - rasen ist nicht cool, lässig oder schick - sondern gefährlich und dumm, verantwortungslos und nicht akzeptabel, egal wo!

Fahre ich selbst immer genauso, wie es die Verkehrsregeln vorgeben?
Nö. Wer tut das schon?
Aber ich übernehme die Verantwortung und sch...e nicht auf das Wohl anderer!

In bekannt oder ausgeschildert wildreichen Gebieten fahre ich immer mit den Augen am Straßenrand und bei Dunkelheit noch langsamer.
Ich bin auch schon ausgeschriebene Forstwege gefahren, unerlaubter Weise, aber langsam.
Bisher haben mehrere Rehe, ein Wildschwein, drei Füchse und mehrere Katzen durch diese umsichtige Fahrweise überlebt.

Kann es trotzdem passieren? Natürlich! Und das ist schon schlimm genug.
Aber zumindest muss ich mir dann nicht den Vorwurf machen (lassen), es billigend in Kauf genommen zu haben...

Donnerstag, 16. November 2017

"Atme doch mal!" oder Geduld ist eine längst vergessene Tugend

Da stehen wir an der Straße - also ich und eine Kundin mit einem 11 Monate jungen Mixhund - im Dunklen, direkt gegenüber beginnt die blinkende und gut besuchte Fußgängerzone des Einkaufszentrums, und ich höre innerhalb von 3 Sekunden das vierte "Sitz!"

Hmpf. 
Ich melde mich leise zu Wort, erkläre, dass der Hund gerade sehr viele Eindrücke bekommt und sich erstmal sammeln muss, ehe er ein Ohr für Frauchen hat. 
Frauchen nickt, schaut auf ihren staunenden und wuseligen Hund - und sagt nachdrücklich: "Siiiiitz!" 
Äh ja ... nee ... och menno!


An der Straße gibt's viel zu bestaunen / Foto: (c) Landgrafe


Ich sag's euch ehrlich - ich glaube, in unserer schnelllebigen Zeit ist die Geduld verloren gegangen. 
Irgendwo zwischen dem ständig pling-machenden Smartphone, dem 24-Stunden-Internet und dem "noch-schnell-was-erledigen-müssen". Vielleicht liegt sie auch etwas verstaubt und mit kleinen Kekskrümelanhaftungen tief vergraben in einer Mantel- oder Handtasche. 

Wann genau ist das eigentlich passiert, frage ich mich manchmal. 
Wann wurden Erwachsene so ungeduldig und Kinder erst recht, weil die Erwachsenen es ihnen nicht mehr beibringen?
Alles muss immer schnell und sofort sein, am besten schon gestern und ohne Anstrengung. Und wenn das nicht klappt, schlägt einem oft Aggression entgegen, in Form von Drängeln, Schubsen und dummen Sprüchen, manchmal sogar durch Anbrüllen oder ernsthafte Handgreiflichkeiten.

Wenn Menschen schon so miteinander umgehen, wundert es mich wenig, dass Tiere ebenso und noch schlimmer behandelt werden, weil sie ja eben "nur" Tiere sind ... und dass es immer mehr Hunde mit mangelnder bis gar nicht vorhandener Impulskontrolle gibt, die frustriert und wütend bellen und schnappen, weil sie nicht sofort das Leckerli bekommen oder nicht zum nächsten Artgenossen hinrennen dürfen.

Ein Weltbild, das mir so gar nicht gefällt. 
Und meine Chance, etwas wieder gut zu machen - ich kann Menschen helfen zu erkennen, was da eigentlich gerade schief läuft - in ihrer Beziehung zum Hund, im Training und manchmal auch bei sich selbst. 

Ja, da schlucken manche schwer. Selbsterkenntnis ist nicht immer schön. Aber enorm wichtig, um sich weiter zu entwickeln und zu verbessern.

 
Training in der Fußgängerzone, anstrengend für Mensch und Hund / Foto: (c) Landgrafe


Wenn es dir niemand spiegelt und sagt, und zeigt - woher sollst du es wissen? Man ist selbst so oft in der Stress- und Zeitfalle gefangen und funktioniert nur noch, anstatt mal inne zu halten, zu atmen und zu sich zu kommen. 

Also übe ich mit meinen Kunden vor und in schwierigen Situationen das Atmen, und zwar tiiiief in den Bauch hinein und dann den Atem laut und lang rausfallen lassen - HACHHHHHhhhhhhh!*
Einige schmunzeln etwas verschämt, aber ich bestehe darauf und atmte laut mit. Und siehe da, Schultern werden lockerer und senken sich etwas, die ganze Körperhaltung wird etwas weicher (denn das Schmunzeln macht ja positive Gefühle) und dann merken die Kunden, manchmal etwas verwundert, dass ihr zuvor wuseliger, bellender Hund plötzlich auch ruhig wird und sich vielleicht sogar hinsetzt oder ablegt.

Also, liebe Hundemenschen - atmet doch bitte mal!
Wenn ihr ehrlich zu euch seid, dann stresst und überfordert es uns doch alle, diese "schnelle Gesellschaft", in der alles Zack-Zack gehen muss.
Sehnen wir uns nicht auch zwischendrin nach etwas Ruhe statt der Hektik? 
Also ich schon.

Was glaubt ihr, wie es euren Hunden dabei geht?
Stress überträgt sich. Ärger auch. Und wer gestresst ist, der ist auch schneller gereizt und dann wütend, wenn etwas quer geht. 
Da geht es Hunden ebenso wie uns Menschen.

Zeit ist etwas kostbares und ein Geschenk, wenn man sie weise nutzt. Also schenkt euren Hunden doch bitte ein wenig mehr Zeit, um zu schauen, zu beobachten und verdauen, was sie da an hektischer Welt sehen müssen. Um zu schnuppern und nachzudenken, um gesehenes und gehörtes einzuordnen und abzuhaken. 

Bitte zerrt sie nicht einfach weiter, weil ihr weiter wollt. Wenn ihr es eilig habt und sie eurer stimmlichen Aufforderung nicht folgen (können), dann schiebt sie doch sanft von hinten an und ermuntert sie, mit euch zu gehen.

Wiederholt nicht zehn Mal ein Kommando mit immer drohenderer Stimme und vorgebeugter Körperhaltung, wenn sie es schon beim dritten Mal nicht umsetzen können - weil sie zu aufgeregt oder abgelenkt sind. Wartet, bis sich die Aufregung etwas gelegt und der Hund sich entspannt hat - dann hat er auch wieder ein Ohr für euch.

Wenn sie gestresst bellen oder herum springen, legt doch mal eine Hand ruhig auf den Hund - nicht wuscheln oder streicheln - nur da sein, mit dem Hund sein - ATMEN! Runterfahren. Aus der stressigen Situation herausgehen.

Das kann man üben. Ruhe kann man lernen.


Klein-Nisha, völlig erschöpft vom Stadttraining, darf ausruhen... / Foto: (c) Landgrafe


Ich wünsche euch jedenfalls, dass ihr es schafft, etwas mehr Ruhe in euch und mit eurem Hund zu haben. Auch wenn es manchmal etwas stressig zugeht.
Denkt dran - atmen. Dann wird alles ein klein wenig leichter...


 *Danke an meine Kollegin Brigid Weinziger von denktier.at, die das im Webinar so schön vorgemacht hat.

Mittwoch, 1. November 2017

Belohnen ist prima, Bestechen ist blöd?

Man hört es immer wieder, auf die verschiedensten Arten.
Von "Ausbleiben der Strafe ist Belohnung genug!" bis hin zu "Immer reichlich Futter in den Hund".

Ich sag's euch ganz ehrlich - ich mache es "frei Schnauze". 
'Käse-Raptor' Dayan  / Foto (c) Y.Schnaubert

Wobei ich in jedem Fall fürs Belohnen bin. Manchmal auch fürs Bestechen, wenn es das Leben beider Seiten erleichtert.
Einfach nett sein finde ich halt besser als seinen Hund ständig zu korrigieren.
Wobei man manchmal halt einfach nicht nett sein kann, aber das ist ein anderes Thema.

Meine Hunde und ich, wir haben einen Deal.
Abends, wenn sie gemütlich herum liegen und nicht mehr so gern aufstehen wollen, und ich sie frage: "Hunde - Pipi machen?", dann rückt und rührt sich erstmal nix.

Och nööö, das geht noch, so dringend isset nich, ich lieg hier so gemütlich...

Also lautet mein zweiter Satz: "Hunde - Pipi machen - Keeeekse!"

Aber holla, was können die plötzlich fix die Treppe runter und nach draußen laufen - allerdings erstmal nur bis zu mir, um die Kekse abzustauben. Und damit sie sich nicht sofort wieder verkrümeln, werfe ich die Kekse in die Wiese und schließe die Tür hinter mir, keine Flucht nach drinnen möglich.
Dann kauen beide kurz, machen Pipi und wir gehen alle "Heia-machen" und sind zufrieden.

BESTECHUNG AM WERK! 
BOAH! 
BÖÖÖÖÖSE Frau Hundetrainer!!

Öhm - ja klar, aber als Teil einer angenehmen Vereinbahrung, so sehe ich das. Wieso um alles in der Welt soll ich abends mit meinen Hunden diskutieren, wenn es doch für beide Seiten so einfach und profitabel ist? Und es kostet mich nur 4 Worte und maximal 2 bis 4 Kekse, je nach Größe.
Fertig, alle glücklich. Aus die Maus.

Und ich besteche doch tatsächlich noch öfter!
Zum Beispiel meinen Setter, wenn ich sie nicht anleinen, aber dicht bei mir halten möchte, weil irgendwo ein Mensch mit Hund oder Hund ohne Mensch herum läuft und ich gern zügig dran vorbei oder in eine andere Richtung will.

Totaler Fokus auf's Spielie / Foto (c) Y.Schnaubert
Dann kommt Gioyas Spielzeug ins Spiel - im wahrsten Sinne!
Sie ist regelrecht süchtig danach (was einerseits großartig und andererseits gefährlich ist, dazu später mehr) und fokussiert nur noch ihr "Ding", egal ob Ball, Zergel, Kong oder Plüschtier.

Solange ich es in Händen halte und sie es sieht, rennt sie rückwärts vor mir her oder sitzt vor, sie hat kein Auge für ihre Umgebung.

Bestechung? 
Na, aber klar doch! Ich sage ihr schließlich körpersprachlich, dass gleich die wilde Wutz abgeht und sie das Ding hetzen, erbeuten und durch die Gegend tragen darf!
Ich muss weder rufen, noch anleinen (obwohl ich das je nach Situation natürlich mache) und habe eine strahlende Settermaus vor mir.
Manchmal ist es so einfach.
Gioya, mein Herzenshund / Foto (c) Y.Schnaubert
Wann wird Bestechung aber zum Problem?
Wenn der Mensch nicht weiß, dass er besticht und nicht belohnt.
Ich sehe oft genug Hunde, die sich erstmal vergewissern, ob ihr Mensch denn schon ein Guddie in der Hand hält, wenn er ruft oder etwas vom Hund möchte.
Und Hundi sagt deutlich: "Zeig mir erst den Keks - sonst mach ich gar nix!"

Daher ist es mir immens wichtig, meinen Kunden beide Methoden mit Vor- und Nachteilen zu erklären.
Einfache Formel: 
Erst die Leistung, dann der Keks = Belohnung!
Erst der Keks, dann die Leistung = Bestechung!
Wobei ich durchaus dafür bin, bei manchen Übungen zuerst zu locken / bestechen und dann ins Belohnen überzugehen.
Dazu muss man aber auch wieder wissen, dass Hunde nicht doof sind und gern noch ein bisschen warten, ob der Mensch nicht doch schon mal nach dem Keksi greift, wenn er sich einfach dumm stellt...

GEDULD ist da das Zauberwort, und kleine Schritte. Erst wenn der Hund sicher verstanden hat, was das neue Signal bedeutet, egal ob sprachlich oder körpersprachlich oder Pfiff, dann kann ich "verlangen", dass er das Signal auch ohne Herumwedeln mit einer halben Fleischwurst ausführt.
Aber Geduld ist so rar gesäht heutzutage... auch dazu später mehr.

Was ich damit sagen will - bestechen, locken und belohnen haben allesamt ihre Berechtigung - man sollte es nur in der richtigen Relation und aus der entsprechenden Perspektive betrachten.
Solange ich weiß, was ich da mache und welche Folgen es hat, ist doch alles entspannt, findet ihr nicht auch?

Genießer / Foto (c) Y.Schnaubert