Montag, 30. April 2018

...der werfe den ersten Stein. Oder doch Heiligenschein?

Bin dann mal jagen - tschöööö / Foto (c) Landgrafe
Es ist April, und seit dem Ersten diesen Monats gilt in NRW die Brut- & Setzzeit, also Leinenzwang für Hunde.

Und wie fast jedes Jahr taucht in irgendeiner oder mehreren Facebook-Gruppen die Frage auf:
"Sagt mal, leint ihr eure Hunde jetzt draußen immer an?"

Jaaaaa, natüüüüürlich, aaallleee!!!

Nee, ich nicht.
Wow, da krieg ich krasse Kommentare. Obwohl niemand weiß, wo ich mit meinen Hunden laufe, oder wie gut sie meine Signale befolgen, da wird erstmal kräftig losgewettert, wie schlimm, verantwortungslos und unverschämt ich denn sei!

Jo, kann ich gut mit leben. Denn ich sag's euch ganz ehrlich - mich kotzt diese Heuchelei rund um bestimmte Daten mittlerweile regelrecht an!

Zu Muttertag rennen die Kinder egal welchen Alters mit schlechtem Gewissen in die Läden, um teuer Pralinen oder Blumen zu kaufen, die sie zu anderen Zeiten im Jahr deutlich preiswerter haben könnten. Und die beschenkten Muttis lächeln gequält, weil sie viel lieber öfter im Jahr einen Anruf oder Besuch hätten, statt nur an diesem speziellen Tag mit doofen Geschenken überschüttet zu werden.

Zum Valentinstag gibts auch wieder Blumen und Kärtchen und Geschenke - dabei wäre es viel schöner, sich immer mal wieder ganz spontan etwas Gutes zu tun, gemeinsam Zeit zu verbringen, Essen oder ins Kino zu gehen.

Und zur Brut- und Setzzeit müssen wir alle artig das Leben in Wald und Feld achten und beschützen - die restliche Zeit im Jahr darf man laut quatschend durch den Wald trampeln, Hunde unangeleint überall herumrennen lassen, natürlich auch über hohe Wiesen oder auch mal durchs frisch geschwaderte Heu, macht ja nix.
Die Kühe essen zwar angekacktes und bepinkeltes Heu und Silo nicht mehr, aber was kümmert's uns denn. Das kostet uns ja nichts, nur dem Bauern, der das mühsam geerntete Wiesenerzeugnis dann wegschmeißen kann. Wächst ja neu... *Ironie off*.

Trotz Leine Beute gemacht - so ist das Leben... / Foto (c) Landgrafe
Versteht mich nicht falsch, Leute - wir sollten das Leben immer achten. Wir sollten in Wald und Feld unsere Hunde beobachten und kontrollieren, soweit möglich, dem Wild zuliebe.  

Und manchmal ist es nicht möglich, wie bei uns heute - mein Husky ist an der Schleppleine zwei Meter neben mir, macht einen kleinen Hüpfer zur Seite, stößt die Nase unter einen gefällten Baumstamm direkt am Wegesrand. Ich sehe etwas kleines, pelziges und denke noch - oh, eine dicke Ratte! Hoffentlich beißt die ihn nicht...
Doch Dayan zieht ein Kaninchenbaby hervor. Ein Quieken, ein Knacken, das war's - Huskyfrühstück to go. (Wurde dem entsprechenden Jagdpächter gemeldet.)

Mir ging es durch und durch, doch es war schon zu spät.
Mein nicht angeleinter Setter lag zehn Meter weiter und spielte mit seinem Ball, glücklich und zufrieden und nicht im Mindesten an dem Kaninchen interessiert. Soviel zum Thema, es passiert nix, wenn man seinen Hund anleint...
Allerdings habe ich an dieser Stelle auch meinen Setter angeleint, um nichts weiter zu riskieren.

Shit happens.
Klingt etwas zynisch? Nein, nur klar und sachlich.
War ich betroffen von der Sache? Na klar!
Es zeigte mir nochmal sehr klar, dass mein dicker gemütlicher Plüschteddy durchaus auch emotionslos töten kann, einfach weil es zu seiner Natur gehört. Da war kein Zorn oder sonst eine negative Emotion in ihm. Er hat als Raubtier eine gute Gelegenheit genutzt und das Kaninchen war schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Natürliche Auslese nennt man das wohl.
Daran ist nichts Schlechtes. Nur wir Menschen denken weiter darüber nach und fühlen uns schlecht dabei...

Was mich allerdings noch sehr viel betroffener machte, war die Situation auf dem Parkplatz, als ich meine Hunde ins Auto einlud und eine Frau mit ihrem nicht angeleinten Labrador dort ausstieg. Ich warnte sie vor, dass an dieser bestimmten Stelle oder überhaupt dort Kaninchenbabys herumlaufen könnten. Sie lächelte herablassend, winkte ab und meinte nur: "Na, hoffentlich sind die weg, wenn wir kommen." Sprachs und ließ ihren Hund lospreschen.

So eine "Ist mir doch egal-Haltung" macht mich traurig.
Tötet dieser Hund weitere Kaninchen, ist das Ergebnis im Endeffekt das selbe wie bei uns.
Nur die Haltung dazu macht den Unterschied - bei uns war es ungewollt, spontan und Pech, bei ihr wird es billigend trotz Warnung in Kauf genommen...

Macht mich diese Haltung besser als diese Frau? In meinen Augen und für mein Gefühl schon.
Hab ich sie belehrt? Nein, hab ich nicht.
Denn nur wer völlig ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein...