Mittwoch, 27. Dezember 2017

Weihnachtsbrief an meine Hunde

Hallo,
mein großer Bär und mein kleiner Watteplüschpopo, und mein Mausebär im Herzen...

Engl. Setter Gioya & Sibirian wooly Husky Dayan / Foto (c) Schnaubert
 Was soll ich euch sagen?
Eigentlich wisst ihr ja schon alles, denn Hunde durchschauen Menschen sehr schnell.
Ich hab euch lieb - das wisst ihr. Und ihr schenkt uns auch eure Zuneigung, auf so viele Arten.

Moin! / Foto (c) Landgrafe
Dayan, du großer Bär,
dein breites Grinsen am Morgen und das Pfote heben zum Bauch und Bein kraulen ist ein Ritual, dass ich liebe.

Du grummelst und erzählst, meckerst weil das Frühstück nicht schnell genug im Napf ist und ich es mir erlaube, dann erstmal einen Cappucchino zu trinken, bevor ich in die Schuhe komme, um mit euch zu laufen.

Dann fragst du erstmal, wieso ich nicht frühstücke, oder wenn ich doch frühstücke, wieso du nicht auch nochmal frühstücken darfst.
Dann schimpfst du, weil ich die Schuhe nicht schnell genug anziehe...
Ich kann mir nicht vorstellen, wie still es wäre ohne dich.

Vor rund zwei Jahren kamst du zu uns, Haut und Knochen, krank an Körper und Seele und du wolltest nur zwei Dinge - essen und laufen!

Zu lange musstest du hungern, bist fast verhungert, weil man dich beim Umzug zurückließ, einfach so, wie unliebsamer Müll... Das hat dich geprägt - Essen ist das Wichtigste auf der Welt für dich.

Zu lange hast du im Zwinger gesessen, ohne eine Chance auf Bewegung oder liebevolle Zuneigung. Das hat deinen Körper kaputt gemacht - Bandscheibenvorfall, Spondylosen und Arthrose, sowie Leishmaniose, die unbehandelt hätte zum Tod führen können.

Dein erster Schnee, und du hattest so viel Spaß, hindurch zu rennen!
Du armer Kerl hast dich erstmal erkältet, Husten und Schnupfen, weil es in Spanien 25°C wärmer war als hier in Deutschland. Aber auch das haben wir gemeinsam überstanden.

Sofa ist ja sooo toll bequem! / Foto (c) Landgrafe
Dein staunender Blick, als wir dich zu uns aufs Sofa einluden - du hast nochmal nachgefragt, ob wir das wirklich ernst meinen und warst so glücklich, endlich weich zu liegen und mit uns zusammen kuscheln zu dürfen.

Wir haben dich gut ernährt, deine kaputten Zähne sanieren lassen, dir geholfen Muskeln aufzubauen, dich zur Physiotherapie gebracht und wir sind mit dir sogar nach Hamburg gefahren, um deinen Rücken von einem wirklich hervorragenden Spezialisten (Dr. Schrader) behandeln zu lassen.

Heute bist du zwar nicht geheilt, aber wir haben deine Erkrankungen und Schmerzen super im Griff.
Du brauchst fast keine Medikamente mehr, weil wir tolle Alternativprodukte gefunden haben, die pflanzlich und biochemisch helfen, dich im Gleichgewicht zu halten ( Emiko, MaxxiFlex).

Dayan heute / Foto (c) Schnaubert

 Gioya, kleine Sambamaus,
Grinsehund / Foto (c) Landgrafe
 wenn du dich morgens zum "5-Minuten-kuscheln" ins Bett wirfst und sofort die ganze Fläche für dich beschlagnahmst, mich dann breit angrinst und leise "Woohoooh!" jodelst, weil du möchtest, dass ich endlich aufstehe, muss ich immer lachen.
Du kennst keine schlechte Laune, bist immer fröhlich und bereit für Schabernack und Spiel.

Ankunft... / (c) Landgrafe
 Am 13. Mai diesen Jahres begann deine Reise in ein neues Leben. Du warst, genau wie Dayan, nur Haut und Knochen und völlig verängstigt. Bisher war dein Leben alles andere als schön gewesen, du kanntest nur den Zwinger, unfreundliche Worte und "Babies bekommen müssen".

Du wusstest nicht, dass jetzt alles besser werden würde.
Es dauerte ein wenig, bis du uns vertraut hast. Doch so wie Dayan sofort "Papas Hund" war, warst du von der ersten Sekunde "mein Mädchen".

Du warst so zart und zerbrechlich, nur knappe 14 Kilo Haut und Knochen, und gleichzeitig so stark im Wesen.
Aufpäppeln ist angesagt / Foto (c) Landgrafe

 Du warst so froh, dich anlehnen zu dürfen, kuscheln zu dürfen, Liebe und Fürsorge zu bekommen, immer und immer wieder.

Wärme, Nähe, Nahrung, Bewegung, Spiel - alles neu und wunderschön für dich. Schnell hast du gezeigt, dass du eigentlich recht selbstbewusst bist.

Nur andere Hunde brauchst du nicht um dich. Ich frage mich, was du schlimmes erlebt hast und will es doch eigentlich nicht wissen.

Bitte kuscheln / (c) Landgrafe
 Ein gutes halbes Jahr bist du jetzt bei uns und du kannst lachen und Spaß haben.

Du hast feste Muskeln bekommen und dieses watteweiche Plüschfell, in dem ständig der halbe Wald festhängt.

Und du bist so schnell wie der Wind und zum Glück hörst du wie ein Glöckchen, wie man so schön sagt.

Aber das Schönste sind deine leuchtenden Augen und das breite Grinsen, wenn wir gemeinsam unterwegs sind - und du ständig fragst: "Spielen? Jetzt? Ja? Los - los - los!!"

Das Leben ist schön! / (c) Schnaubert
Wie Heinz Rühmann schon sagte: "Man kann ohne Hund leben, aber es lohnt sich nicht!"

Vieles wäre einfacher ohne euch. 
Aber alles wäre leerer, besonders unsere Herzen. 💝

Danke, dass eure Seelen zu unseren Seelen gesprochen haben...



Montag, 18. Dezember 2017

Das passiert mir nicht ! - Tipps, wenn der Hund entläuft

Ich muss los - da rennt was! / Foto (c) Schnaubert
Es gibt Sätze, die man leichtfertig sagt. 
Weil man sie glaubt.
Manchmal lernt man aber, demütig zu sein, weil man erkennen muss - ja, es kann doch passieren.
Auch einem Hundetrainer.
Einer dieser Sätze war bei uns: "Der läuft nicht weg, jedenfalls nicht weit."

Ich sage es euch ganz ehrlich - wir wissen jetzt, es gibt Situationen, die du nicht kontrollieren kannst.
Weil du sie falsch eingeschätzt hast.
Vielleicht hättest du es besser wissen müssen.
Vielleicht hast du auch eine Sekunde überlegt, genau jetzt die Leine ans Geschirr zu klinken oder deinen Hund zurückzupfeifen. So ein Bauchgefühl.
Doch dein Kopf sagte, Quatsch, es ist alles okay.
Und dann ist diese Sekunde vorbei und es passiert, was du vorher bestritten hast.
Mir passiert das nicht.
Heute ist es passiert.

Es ist 14.35 Uhr. Der Anruf erreicht mich kurz vor Ende des Mantrailing Trainings. Es ist mein Mann, verzweifelt.
"Dayan ist weg. Ich finde ihn einfach nicht!"
Ich schlucke und frage ihn, wo er ist und wie lange Dayan schon weg ist. Meine Kursteilnehmer werden still und lauschen.
Dreißig Minuten, lautet die Antwort. In einem sehr großen Waldgebiet, das von einer Straße durchzogen wird, auf dem die Autos sehr schnell unterwegs sind. Es gibt viele Wanderwege dort, viele Möglichkeiten, und Dayan kennt sie alle. Es ist eine unserer Stammstrecken seit zwei Jahren. Dass er seit einer halben Stunde weg ist, gefällt mir überhaupt nicht. Das ist lang.
Ja wir wissen, er rennt hinter Rehen her. Aber nie weit, nie weiter als hundert Meter, und dann kommt er sofort zurück. Eigentlich. Bis heute.

Meine Schüler sind sich einig - wir brechen das Training sofort ab. Zwei bieten sich sofort an, mit mir zu fahren und bei der Suche zu helfen. Parallel hilft eine weitere Schülerin und inseriert bei Facebook eine Suchanzeige, ruft Bekannte in der Nähe an.

 15.03 Uhr - wir treffen im Suchgebiet ein, teilen uns auf. Ein Team oberhalb des Berges, wo Dayan verschwunden ist, Yvonne mit Schäferhund Lobo und ich gehen zum Punkt der letzten Sichtung, der von meinem Mann markiert wird, mitten an einem Steilhang.
Dayan ist jetzt seit rund einer Stunde verschwunden.

Lobo in der Suche, Herbst 2017 im Park / (c) Landgrafe
 Ich habe mit einem Hundekotbeutel ein Taschentuch genommen und kräftig über Dayans Decke in meinem Auto gerieben. Das wird in jedem Fall reichen, aber Suchhund Lobo hatte heute im Training schon zwei anstrengende Suchen. Und er ist seit fünf Stunden dabei. Das schlaucht, er muss müde sein. Dennoch setzen wir ihn ein, denn er ist gut.

Er nimmt Dayans Spur auf, ist anfangs ein wenig unsicher, führt uns in kleinen Schleifen im Kreis, bis er plötzlich anzieht - nach oben, den Hang rauf.
Tatsächlich finden wir frische große Tatzenabdrücke im Schnee. Ich bin sicher, das sind die von Dayan. Lobo denkt das auch, denn er folgt jedem Schlenker und Bogen, den diese Spuren machen.

Ich rufe meinen Mann an, der weiter unten sucht. Anscheinend hat Dayan versucht, zum Teil rückwärts auf der Spur zurückzulaufen, die er zuvor mit meinem Mann und Gioya gegangen ist. Blöderweise hat mein Mann zwischenzeitlich umgeparkt, den Berg hinauf, wo Dayan entfleucht war.
Ich schicke ihn zurück zu der Stelle, an der er geparkt hatte.
Mit jeder weiteren Abzweigung werde ich sicherer, wohin unser Husky gelaufen ist und bestätige das nochmal an meinen Mann. Dayan nutzt den bekannten Weg, und zwar aus seiner Sicht die sicherste und kürzeste Strecke zurück zum Auto, dort wo wir fast immer zurück laufen.
Lobo und die dicken Tatzenspuren bestätigen es.

grün - Spazierstrecke, gelbe Raute - letzte Sichtung und unser Ansatzpunkt, rot - ungef. Spurverlauf des Trails
Mein Mann ruft mich Minuten später an. Ein Spaziergänger hat Dayan gesehen - vor einer halben Stunde... und ihn nicht eingesammelt. Er dachte, irgendwo wird schon ein Mensch kommen, der dazu gehört. Dayan stand direkt an der heftig befahrenen Straße... er hatte unser Auto gesucht und nicht gefunden, weil mein Mann ja umgeparkt hatte - so eine Scheiße!

Mir wird flau im Magen. Sekundenlang habe ich schlimme Bilder vor dem inneren Auge - Dayan verletzt, humpelnd, im Graben liegend...
Nein, ich schiebe die Bilder energisch zur Seite. Panik hat jetzt keinen Sinn!
Wir nehmen Lobo aus der Suche, als er auch den vorletzten Abzeig sauber bestätigt, der den bekannten Weg zurück zum Auto markiert, und fahren den Berg hinunter, an den Punkt der aktuellen Sichtung.

Zwischenzeitlich fährt auch eine liebe Freundin mit ihrem Mann im Pickup über die angrenzenden Waldwege und sucht mit.

Es ist 15.54 Uhr - und wir setzen Lobo erneut an.
Lobo hat bisher rund 2,5 Kilometer sauber getrailt. Sofort nimmt er wieder ohne zu zögern die Spur auf. Wir rufen und pfeifen laut. Lobo zeigt deutlich, wohin wir müssen - und da brüllt mein Mann laut und winkt. Er rennt die Straße hinunter und da läuft Dayan uns entgegen, parallel auf einem Waldweg, völlig fertig und sichtlich erleichtert, uns zu sehen.
Gott, was sind wir erleichtert! 
Er humpelt nicht, scheint okay, nur vollkommen dreckig und erschöpft zu sein.

Ich umarme Yvonne, knutsche Lobo und wir sagen den restlichen Suchpersonen Bescheid. Es ist vorbei, nach rund zwei Stunden Suche.
Dayan lebt und ist unverletzt gesichert worden.

Haben wir Fehler gemacht? Klar.
Die erzähle ich euch jetzt und noch ein paar mehr, um euch zu helfen, nur für den Fall, dass auch ihr einmal betroffen seid.

Dreckspatz Dayan, völlig ko vom Spaziergang / Foto (c) Landgrafe
Punkt 1: wenn euer Hund zum Jagen neigt, achtet gut auf ihn! Macht im Zweifel eine Leine dran, und wenn es nur für gewisse Streckenabschnitte ist. Sichern ist besser als suchen!
Übt einen sicheren Rückruf ein.

 Befestigt eine Tassomarke und eine weitere Marke mit euren Kontaktdaten am Halsband oder Geschirr, am besten mit eurer Handynummer!
Und rund um Sylvester bitte immer mit Leine laufen, Böller können auch schon Tage vor und auch nach Sylvester knallen und Hunde erschrecken!

Punkt 2: geratet nicht in Panik, wenn euer Hund wegläuft. Bleibt erstmal vor Ort, ruft, pfeift und wartet eine Weile. Oft kommt der Hund zum Ausgangspunkt zurück. Wenn ihr weggeht, findet er euch nicht mehr.
Kennt euer Hund die Strecke, lauft sie nochmal ab und ruft dabei.
Wenn ihr ihn seht, bleibt ruhig und lockt ihn freudig zu euch heran. Brüllt nicht, rennt nicht auf ihn zu, versucht so ruhig wie möglich zu bleiben, damit ihr ihn nicht verscheucht. Hockt euch hin, bietet Futter an, falls ihr welches mithabt.

Punkt 3: kommt der Hund nicht zurück, geht zurück zum Ausgangspunkt eures Spaziergangs. Seid ihr mit dem Auto da - bitte NICHT wegfahren! Wartet auch da noch eine Weile und ruft.
Seid ihr zu Fuß dort, geht nach Hause. Mit viel Glück ist der Hund schon dort.

Punkt 4: organisiert per Handy Hilfe, möglichst von Personen, die der Hund kennt und mag. Bevor ihr wild schreiend durch den Wald rennt, überlegt gut und organisiert eine vernünftig aufgeteilte Suche.

Punkt 5: je nach Situation macht ein Pettrailer Sinn, also ein Hund, der euren Hund sucht.
Ängstliche Hunde treibt man leider mit einem Suchhund meistens weiter in die Flucht.
Gesucht werden sollte also nur nach Welpen, alten oder verletzten Hunden und solchen, die mitsamt Leine entlaufen sind, weil sie sich irgendwo festhängen und dann nicht heimlaufen können.
Hierbei gilt wie in der Personensuche: je schneller der Suchhund am Einsatzort ist, umso besser sind die Chancen, den entlaufenen Hund zu finden! 

Gute und seriöse Pettrailer findet ihr hier, unter dem Blog. Diese beraten auch telefonisch eingehend die nötigen weiteren Schritte mit euch. 
Macht das bitte in jedem Fall VOR Punkt 6!
Auch das Aufstellen einer Lebendfalle kann Sinn machen.

Punkt 6: macht Anzeigen in Facebook, möglichst regional, ruft die Polizei, Straßenwacht und Jägerschaft an, meldet euch bei Tasso (dort sollte jeder Hund von euch angemeldet sein!!), Tierheime, Tierärzte usw.
Achtet aber darauf, dass es bei Facebook-Anzeigen keine Hetzjagd auf den Hund gibt! Gebt nicht zu viele örtliche Details raus, eher eure Telefonnummer.

Punkt 7: neigt euer Hund zum Weglaufen, kauft euch ein GPS-Gerät, wir bevorzugen  Tractive (>>jetzt 30% beim Kauf eines Tractive sparen) und baut es ans Halsband oder Geschirr des Hundes. So kann man ihn orten und hoffentlich auch schnell finden. Und lasst bitte eine Schleppleine am Hund...


Seriöse Pettrailer:
    >> Suchhundeinsatz
    >> Passion4Dogs 
    >> Hund entlaufen



Montag, 11. Dezember 2017

Rassismus - oder Der kann das nicht!

Pelayo hat gefunden!
Es ist Mantrailing-Zeit und ich warte auf einen Schnupperkunden.

Die Frau ist super nett, scheint mir aber ein wenig unsicher zu sein. Das sage ich ihr und frage, was denn der Grund dafür ist.
Sie antwortet: "Man hat mir gesagt, mein Hund kann das nicht."
Ich ziehe die Augenbrauen hoch und frage: "Wieso sollte er das denn nicht können?"
"Na, es ist ein Galgo. Alle haben gesagt, Galgos können nicht trailen."

Ich sag's euch ganz ehrlich und in aller Deutlichkeit - solche blöden Vorurteile kotzen mich an!
Es ist ein Hund, er hat eine funktionierende Nase, also kann er sie auch benutzen.

Natürlich braucht ein Sichtjäger einen anderen Ansatz, um das 'neue Spiel' zu verstehen und es sinnvoll zu finden. Aber nach dem dritten kleinen Versuch startete "Pelle" durch und seitdem trailt er voller Freude - sicher, effizient und bei jedem Wetter, obwohl er Regen und Schnee wirklich nicht mag und es sich Zuhause drei Mal überlegt, ob er wirklich mal raus muss.
Beim Trailtraining steigt er aus und arbeitet - Punkt. So wichtig ist ihm diese Sache.
Zudem haben sich viele kleine Unsicherheiten und Ängstlichkeiten, die er mitbrachte, in Luft aufgelöst.

Vivi macht Pause
Trailen macht selbstsicher, bringt Freude und artgerechte Auslastung. Es macht rechtschaffen müde und zufrieden, wie jede Form der Nasenarbeit.

Wenn man nach der Meinung anderer Leute ginge, dann könnte gut die Hälfte meiner Mantrailer gar nicht trailen.  
 Die Hunde sind zu dick, zu dünn, zu alt, zu krank, zu ängstlich, zu aggressiv, zu behindert, zu jung oder eine Rasse, die ja gar nicht trailen kann.
Wie gut, dass Hunde unsere Worte nicht so wirklich richtig verstehen können...

 Ich habe in den letzten fünf Jahren so oft erleben müssen, dass Hunde diskriminiert werden, auch von Trainern, leider.

Angstmaus Milla war eine der ersten "Problemhunde", mit denen ich getrailt habe. Laut Tierschutz war sie eigentlich unvermittelbar und würde niemals im Leben den Menschen vertrauen lernen. Hundetraining - undenkbar!

Milla hat die Person hoch oben gefunden
 Heute trailt sie durch den Landschaftspark Duisburg und wir haben bei "26 Personen", die sie streicheln dürfen, aufgehört zu zählen. Es sind mittlerweile einige mehr.

Da war Neva, die Schäferhündin mit der Bandscheiben-OP und dem Herzsschrittmacher - niemand wollte mit ihr arbeiten und ich frage mich bis heute, warum nicht.
Eine so großartige, freundliche Hündin mit diesem ausgeprägten Findewillen und Freude an der Arbeit. Sie durfte bis zuletzt, rund eine Woche bevor sie ins Licht ging, angepasste kleine Trails bei mir laufen.

Und ihr Hundekumpel Lobo, bei dem ich Frauchen am Anfang aus 30 Metern Entfernung mit Funkgerät coachen musste, weil der hübsche Altdeutsche Rüde solche Angst vor Menschen hatte.
Dieser wunderbare Kerl wurde so selbstbewusst durch das Trailen, dass er kaum noch Probleme im Alltag zeigt und fast überall konzentriert arbeiten kann.

Wilma mit Orthese unterwegs
Wilma mit ihrer Orthese, die grinsend zum Start gehoppelt kommt und tagelang nach ihrem "Einsatz" noch gut gelaunt ist und besser läuft.

Vivi, die aufgrund von Übergewicht und Erkrankung keinen Spaß mehr an Bewegung hatte und jetzt sogar kleine Strecken gallopieren will, weil sie so viel Freude an der Suche hat.

Seniorengymnastik für die Paralympische Gruppe nenne ich die Arbeit für diese Hunde liebevoll.

Erst gestern las ich in einer Diskussionsgruppe von einem Trainer, der überlegt, ob er einen Husky ins Training nehmen soll. Solche Hunde sind ja keine Familienhunde und was kann man mit denen schon machen?

Örgx! Sorry, aber wirklich ÖRGX!
Wieso werden Hunde immer wieder auf ihre Rasse oder Optik reduziert?

Zunächst einmal ist es ein Hund, dann kommt "Rasse Husky" und "Typ Sturschädel" und dann "individuelle Vorlieben und Stärken". Der Hund ist doch nun mal schon da, wieso will man ihn dann nicht trainieren? Oder traut es sich nicht? Bei Aggressionsverhalten würde ich es ja verstehen, da wäge ich auch jeden Fall ab, ob ich das leisten kann - aber nur weil der Hund ein Husky ist...?

Langhaar-Husky Dayan bei der Suche
 Mein Husky liebt es zu suchen, allerdings nicht das Mantrailing, sondern eher die Geruchsdifferenzierung oder Futtersuche. Das macht er freudestrahlend und hoch konzentriert. Er springt nie Leute an - aber mich, wenn ich die Geruchsprobe in der Hand halte und er weiß, gleich geht es los!

Andere Huskys machen Canicross oder Bikejöring, auch beim Agility oder Hoopers trifft man sie.
Mein voriger Hund "Ty", ein Malamute-Mix, war ein Meister-Trickser, wir haben sogar einen Pokal im Trickdog bekommen und eine Bronzeprüfung im Tricksen bestanden.

Wichtig ist doch, egal um welchen Hund und welche Rasse es sich handelt, dass man den Hund zunächst als Individuum ansieht, das Stärken und Schwächen hat.

Macht man sich die Mühe, die Stärken herauszufinden und auszubauen, leisten diese Hunde Großartiges, und zwar mit viel Freude am gemeinsamen Tun!

Natürlich haben die meisten Hunde rassespezifische Stärken, aber eben nicht alle gleich.
Nicht jeder Labrador will Dummytraining machen, nicht jeder Schäferhund will Schutzdienst machen und nicht jeder Cattledog muss Rinder treiben!
Cattledog Ebby nach der Nasenarbeit - platt!
Also liebe Leute, 
hört doch mal auf, 
nur auf die Verpackung zu schauen. 

Der Inhalt ist nämlich viel wichtiger!

Schaut doch einfach mal rein in die Motivation eurer Hunde - vielleicht werdet ihr überrascht sein, was ihr da so alles findet...



P.S.: Lobo hat unseren entlaufenen Husky getrailt und gefunden :) , Bericht hier. Ein Hund, von dem man sagte, aus dem wird nie was, weil er so ängstlich ist...

Mittwoch, 6. Dezember 2017

Lehrerkinder oder Mein Essen gehört mir. Manchmal. Eigentlich...

"Fach ma, finnstu?", entfleucht es mir ärgerlich mit vollem Mund und ich schubse heftig meinen dickfelligen Husky einen halben Meter zurück. Der macht sich extra schwer, schnauft, legt die Ohren an, schiebt seine Zuckerschnute nach vorn und versucht, mit extrabreiter Zunge mein Gesicht zu erwischen - und vielleicht noch einen Krümel Stuten, den ich mir gerade hastig in den Mund gestopft habe, bevor er ihn erwischen konnte.
Du hast Essen - rück raus! / Foto (c) Landgrafe

"Lehrerkind", würden meine Freunde jetzt grinsend einwerfen. Ja, stimmt schon.
Ich sag's euch ganz ehrlich - wir lassen bei unseren eigenen Hunden Sachen durchgehen, die ich keinem Kunden empfehlen würde. Und wir sind oft recht nachsichtig beim Grenzen setzen.
Aber was zu viel ist, ist zuviel.

Mein Essen ist MEIN ESSEN, so! Und da schubse ich auch mal. Oder klopfe sacht mit den flachen Hand auf die Hundenase, die sich witternd über die Tischkante Richtung Teller schiebt.
Oder rufe ein empörtes "Ey! Meins! WAGE ES DICH!"

Na klar wissen meine kleinen Monster, dass vom Tisch klauen verboten ist. Aber wenn man doch nur mal eben zum Antesten drüber leckt... Bäh!
So sichert man Ressourcen, sagte mal eine Trainerkollegin, einfach anlecken, meins, gesichert, haha!
Dayan leckt zum Beispiel liebend gern Teller von unten an, die zu nah an der Tischkante stehen.

Oder er versucht es mit Präsenz und Hypnose... Bei meinem Mann klappt das super und ich habe beschlossen, dass streng sein deswegen einfach keinen Sinn macht.
Das willst du doch nicht wirklich alleine essen, oder? / Foto (c) Landgrafe
Ich teile also auch oft, aber zu meinen Regeln.
Das heißt, es wird nicht gedrängelt, die Hunde haben sich nicht gegenseitig anzuknurren, um über den Verbleib meines Essens zu diskutieren - vor allem nicht, wenn ich in der Mitte dazwischen sitze!
Wer brav wartet, bekommt zwischendrin einen kleinen Happen mit Ansage, wer gerade dran ist.

Da zählt auch die Katze dazu, die dann mal sanft pfötelnd auf meinem Arm anmerkt, dass sie seit rund siebzehn Jahren bei uns wohnt und ebenfalls gewisse Rechte hat. Die mag natürlich nur bestimmte Sachen und ich muss aufpassen, dass nicht doch einer der Hunde schneller ist...
Klappt ganz gut.
Meistens.

Da waren es schon zwei... und ja, ich diskutiere gerade! / Foto (c) Landgrafe
Jetzt wird der eine oder andere schlaue Mensch vielleicht anmerken - "Entschuldigung, seid ihr beide nicht Hundetrainer? Das müsst ihr doch lösen können!"

Äh, ja.
Quasi könnten wir das. Theoretisch kann ich praktisch alles! 😁
Zum Beispiel mit intensivem Deckentraining. Haben wir bei beiden Hunden noch nicht gemacht. Okay, ein Mal bisher, weil es mir mittlerweile echt auf den Keks geht, dass die Hunde selbigen ständig von mir klauen wollen, und ich werde das Training auch weiter durchziehen.

Fakt ist, wir haben uns dran gewöhnt und wenn die Hunde zu dreist werden, oder die Katze, dann gibt's eine klar gesetzte verbale oder körperliche Grenze, und gut ist.

Ob die das verstehen? Na klar doch!
Ob das fair ist? Hm. Ich finde schon. Wenn ein Hund etwas leckeres findet und fressen will, und ein anderer kommt dazu, dann trainieren die auch nicht vorher, was zu tun ist und wie man das Ganze möglichst diplomatisch lösen könnte. Da werden Ansagen gemacht und klare Grenzen gesetzt, Punkt, aus die Maus!

Meins ist dann meins und wer nicht hören will, muss fühlen - oder einfach schnell genug sein.
Oder wirklich liebevoll-dreist.
Darin ist besonders Husky Dayan super.
Noch vor drei Tagen, als ich eine große, lecker belegte Brotscheibe in der Hand hielt und oben reinbeißen wollte, klackten zeitgleich seine Zähne fast unten ins Brot rein. Ich war einen Sekundenbruchteil schneller und mein Mann klatschte lachend Beifall.

So kann man es eben auch sehen - die Hunde trainieren unsere Reflexe, jawoll!

Komm schon, lass rüberwachsen - Pizza ist gesund, ist doch Gemüse drauf! / Foto (c) Landgrafe

Plädiere ich hier dafür, Hunde vom Tisch zu füttern?
Nein, absolut nicht.

"Menschenessen" hat meistens zu viele Kalorien und / oder Gewürze und ist tatsächlich nicht das gesündeste Futter für Hunde. Zudem gibt es auch einige Zutaten wie diverse Gewürze, Gemüse wie rohe Tomate, Aubergine, Kartoffel oder Paprika, Schokolade / Kakao, Macadamia-Nüsse, Trauben / Rosinen oder Zuckerersatzstoffe, die dem Hund ernsthaft schaden können. 
So ist Xylit / Birkenzucker bereits in geringen Mengen absolut tödlich für Hunde!

In entsprechender Menge und Häufigkeit macht Menschenessen dick, schlechte Zähne, kann weitere Krankheiten verursachen wie Diabetes und erzieht zu schlechte Tisch-Manieren.
Meistens muss man die "verbotenen" Leckerbissen von der regulären Mahlzeit abziehen, damit der Hund das Gewicht hält.

Man sollte nur für sich überlegen, ob man einen bettelnden Hund dramatisch findet - dann sollte man in jedem Fall intensiv trainieren, dass er nicht am Tisch bettelt. Und zwar fair trainieren - Hunde betteln nämlich nur dann, wenn sie immer wieder Erfolg dabei haben!

Oder man findet es nicht so schlimm, teilt nur ungefährliche Nahrung, achtet auf die schlanke Linie der Hunde und lebt mit kleinen Pfützen neben dem Tisch und Sabbertropfen auf der Hose.
So wie wir...





Mittwoch, 22. November 2017

Tod im Wald oder Manche Menschen machen mir Angst

Vor einer Woche berichtete mir eine Kundin, dass der Hund ihrer Freundin auf einem Waldweg totgefahren wurde. Ein Angestellter eines ortsansässigen Energieunternehmens sei mit seinem Fahrzeug sehr schnell über den Waldweg gebrettert und habe den Hund zu spät gesehen. Das Tier war zum Glück sofort tot und musste nicht leiden.

Ich sag's euch ganz ehrlich - das macht mir Angst!
Natürlich könnte man jetzt sagen, das ist ein trauriger Einzelfall. Leider falsch.

Mein Mann hat vor knapp fünf Wochen besagtes Energieunternehmen angerufen, um sich über einen Fahrer zu beschweren, der auf dem öffentlich zugänglichen Betriebsweg des Unternehmens, der von vielen Spaziergängern mit und ohne Hund gern genutzt wird, ebenfalls sehr schnell an ihm vorbei gerauscht war. Mein Mann konnte so gerade noch beide Hunde und seinen eigenen Hintern auf den schmalen Seitenstreifen am Weg schieben und wurde beinahe noch vom Außenspiegel gestreift.

Und auch mir ist es schon mehrfach passiert, auf besagtem Betriebsweg, mitten im Wald und auf für den Normalverkehr gesperrten Straßen zwischen Wiesen und Feldern, und nicht nur von diesem Unternehmen, sondern auch von Forstbeamten, Jägern und "Otto-Normal-Autofahrern"!

Auf dem Betriebsweg hatte ich die Hunde angeleint und der Fahrer machte keine Anstalten, abzubremsen, als er uns sah. Da mein Setter ein Quirlchen ist und an der Flexileine rennt, hab ich gepfiffen und sie kam auch sofort zu mir.
Dennoch musste ich, um sie zu schützen, mitten auf dem Weg stehenbleiben, damit der Fahrer nun doch mal die Bremse antippt. Das tat er sichtlich genervt, doch da er mich nicht über den Haufen fahren wollte, musste er notgedrungen wirklich anhalten. Und ich habe in aller Ruhe mich und meine Leinen samt Hunden dran sortiert, auf den Seitenstreifen bugsiert und dann durfte der gnädige Herr auch weiter fahren.

Ein weiteres Mal kam ich gerade aus diesem Weg heraus, davor befindet sich eine Kurve. Das heißt, der Weg ist nicht sofort zu sehen. Dieser Fahrer musste eine Vollbremsung machen, sonst wären Gioya und ich beide unterm Reifen gewesen. Und ja, mein Hund war angeleint und hatte in diesem Moment keine zwei Meter Leine zur Verfügung. Reflexartig riss ich sie näher zu mir heran und es passte haarscharf.


Entspannt mit Beute voraus ... und plötzlich kam das Auto von rechts! / Foto (c) Landgrafe

 Auf einem Waldweg, mitten im Wald - wer rechnet denn da mit einem Auto, dass um die Kurve gebrettert kommt, als würde der Typ am Steuer in einer Aufholjagd die Ralley Paris-Dakar fahren?
Da rutscht einem das Herz ganz tief in die Hose!

Ich brüllte nur meinem frei laufenden Hund ein "STOPP!!!" hinterher und zum Glück blieb er am Wegrand stehen, während ich mit den Armen wedelnd auf den Fahrer zu rannte. Auch der musste abrupt bremsen, was auf einem feuchten Waldweg eher eine kleine Rutschpartie gleicht.
Da war meine Impulskontrolle gerade mal nicht vorhanden und der Mann durfte sich von mir sehr böse und sehr, sehr laute Schimpfworte an den Kopf knallen lassen.

In unserer Gesellschaft ist das Rasen offenbar ein Kavaliersdelikt. 
Akzeptieren kann und will ich das jedoch nicht!
Mit welchem Recht spielen diese Menschen mit dem Leben anderer - egal ob Mensch oder Tier?!? 

Wenn sie sich selber dabei umbringen, ist mir das herzlich egal! Da habe ich keinerlei Mitleid.
Mir ist es völlig egal, wieso dieser Mensch mit seinem Auto gerast und dann verunglückt ist. Klingt krass, aber das meine ich genau so, wie ich es sage!
Da kommen die dümmsten Ausreden zusammen, wie: keine Zeit, der andere hat provoziert, ist doch alles frei hier, der Weg ist halt kürzer, nachts ist doch hier eh keiner unterwegs - bla bla bla.

Wer außerhalb einer Rennstrecke rast, egal wo und bei welchem Wetter, und glaubt, er hätte sein Fahrzeug im Griff und könne sich deswegen erlauben, wie eine "angesengte Sau" zu fahren und müsse keine Rücksicht auf Andere nehmen - sorry! Kein Mitleid!

Leid tun mir alle anderen, die oftmals in diese Sache involviert und verletzt werden - Mitfahrer, Angehörige, Unfallgegner, an- oder totgefahrene Tiere...


Freilauf am Wald und Feldweg ... mittlerweile mit einem wachen Ohr und ungutem Gefühl / Foto (c) Landgrafe
 Es gibt so viele Beispiele, die wir bereits erlebt haben, wo wir nur von Glück sagen können, dass niemandem etwas passiert ist.

Liebe Leute, wieso gibt es eigentlich keinen Ego-Test in der Fahrschule? An dem man schon vorher messen kann, ob dieser angehende Fahrer oder die Fahrerin überhaupt menschlich, mental und emotional tauglich ist für einen Führerschein?!?

Besonders junge Männer scheinen sich immer wieder selbst oder Mädels oder ihren Kumpels beweisen zu müssen, was für großartige (Renn-)Fahrer sie sind. Sorry Jungs - alles was ihr damit beweist, ist eure geistige Beschränktheit und fehlende Reife!

Auch gestresste Mütter brettern manchmal wie irre durch dreißiger Zonen, nachdem sie soeben ihr Kind an der Schule oder im Kindergarten abgeliefert haben...

Männer mittleren Alters, die schon seit zwanzig Jahren unfallfrei fahren und deswegen alle Verkehrsreglen brechen dürfen, denn sie sind ja soooo tolle Autofahrer...

Leute - rasen ist nicht cool, lässig oder schick - sondern gefährlich und dumm, verantwortungslos und nicht akzeptabel, egal wo!

Fahre ich selbst immer genauso, wie es die Verkehrsregeln vorgeben?
Nö. Wer tut das schon?
Aber ich übernehme die Verantwortung und sch...e nicht auf das Wohl anderer!

In bekannt oder ausgeschildert wildreichen Gebieten fahre ich immer mit den Augen am Straßenrand und bei Dunkelheit noch langsamer.
Ich bin auch schon ausgeschriebene Forstwege gefahren, unerlaubter Weise, aber langsam.
Bisher haben mehrere Rehe, ein Wildschwein, drei Füchse und mehrere Katzen durch diese umsichtige Fahrweise überlebt.

Kann es trotzdem passieren? Natürlich! Und das ist schon schlimm genug.
Aber zumindest muss ich mir dann nicht den Vorwurf machen (lassen), es billigend in Kauf genommen zu haben...

Donnerstag, 16. November 2017

"Atme doch mal!" oder Geduld ist eine längst vergessene Tugend

Da stehen wir an der Straße - also ich und eine Kundin mit einem 11 Monate jungen Mixhund - im Dunklen, direkt gegenüber beginnt die blinkende und gut besuchte Fußgängerzone des Einkaufszentrums, und ich höre innerhalb von 3 Sekunden das vierte "Sitz!"

Hmpf. 
Ich melde mich leise zu Wort, erkläre, dass der Hund gerade sehr viele Eindrücke bekommt und sich erstmal sammeln muss, ehe er ein Ohr für Frauchen hat. 
Frauchen nickt, schaut auf ihren staunenden und wuseligen Hund - und sagt nachdrücklich: "Siiiiitz!" 
Äh ja ... nee ... och menno!


An der Straße gibt's viel zu bestaunen / Foto: (c) Landgrafe


Ich sag's euch ehrlich - ich glaube, in unserer schnelllebigen Zeit ist die Geduld verloren gegangen. 
Irgendwo zwischen dem ständig pling-machenden Smartphone, dem 24-Stunden-Internet und dem "noch-schnell-was-erledigen-müssen". Vielleicht liegt sie auch etwas verstaubt und mit kleinen Kekskrümelanhaftungen tief vergraben in einer Mantel- oder Handtasche. 

Wann genau ist das eigentlich passiert, frage ich mich manchmal. 
Wann wurden Erwachsene so ungeduldig und Kinder erst recht, weil die Erwachsenen es ihnen nicht mehr beibringen?
Alles muss immer schnell und sofort sein, am besten schon gestern und ohne Anstrengung. Und wenn das nicht klappt, schlägt einem oft Aggression entgegen, in Form von Drängeln, Schubsen und dummen Sprüchen, manchmal sogar durch Anbrüllen oder ernsthafte Handgreiflichkeiten.

Wenn Menschen schon so miteinander umgehen, wundert es mich wenig, dass Tiere ebenso und noch schlimmer behandelt werden, weil sie ja eben "nur" Tiere sind ... und dass es immer mehr Hunde mit mangelnder bis gar nicht vorhandener Impulskontrolle gibt, die frustriert und wütend bellen und schnappen, weil sie nicht sofort das Leckerli bekommen oder nicht zum nächsten Artgenossen hinrennen dürfen.

Ein Weltbild, das mir so gar nicht gefällt. 
Und meine Chance, etwas wieder gut zu machen - ich kann Menschen helfen zu erkennen, was da eigentlich gerade schief läuft - in ihrer Beziehung zum Hund, im Training und manchmal auch bei sich selbst. 

Ja, da schlucken manche schwer. Selbsterkenntnis ist nicht immer schön. Aber enorm wichtig, um sich weiter zu entwickeln und zu verbessern.

 
Training in der Fußgängerzone, anstrengend für Mensch und Hund / Foto: (c) Landgrafe


Wenn es dir niemand spiegelt und sagt, und zeigt - woher sollst du es wissen? Man ist selbst so oft in der Stress- und Zeitfalle gefangen und funktioniert nur noch, anstatt mal inne zu halten, zu atmen und zu sich zu kommen. 

Also übe ich mit meinen Kunden vor und in schwierigen Situationen das Atmen, und zwar tiiiief in den Bauch hinein und dann den Atem laut und lang rausfallen lassen - HACHHHHHhhhhhhh!*
Einige schmunzeln etwas verschämt, aber ich bestehe darauf und atmte laut mit. Und siehe da, Schultern werden lockerer und senken sich etwas, die ganze Körperhaltung wird etwas weicher (denn das Schmunzeln macht ja positive Gefühle) und dann merken die Kunden, manchmal etwas verwundert, dass ihr zuvor wuseliger, bellender Hund plötzlich auch ruhig wird und sich vielleicht sogar hinsetzt oder ablegt.

Also, liebe Hundemenschen - atmet doch bitte mal!
Wenn ihr ehrlich zu euch seid, dann stresst und überfordert es uns doch alle, diese "schnelle Gesellschaft", in der alles Zack-Zack gehen muss.
Sehnen wir uns nicht auch zwischendrin nach etwas Ruhe statt der Hektik? 
Also ich schon.

Was glaubt ihr, wie es euren Hunden dabei geht?
Stress überträgt sich. Ärger auch. Und wer gestresst ist, der ist auch schneller gereizt und dann wütend, wenn etwas quer geht. 
Da geht es Hunden ebenso wie uns Menschen.

Zeit ist etwas kostbares und ein Geschenk, wenn man sie weise nutzt. Also schenkt euren Hunden doch bitte ein wenig mehr Zeit, um zu schauen, zu beobachten und verdauen, was sie da an hektischer Welt sehen müssen. Um zu schnuppern und nachzudenken, um gesehenes und gehörtes einzuordnen und abzuhaken. 

Bitte zerrt sie nicht einfach weiter, weil ihr weiter wollt. Wenn ihr es eilig habt und sie eurer stimmlichen Aufforderung nicht folgen (können), dann schiebt sie doch sanft von hinten an und ermuntert sie, mit euch zu gehen.

Wiederholt nicht zehn Mal ein Kommando mit immer drohenderer Stimme und vorgebeugter Körperhaltung, wenn sie es schon beim dritten Mal nicht umsetzen können - weil sie zu aufgeregt oder abgelenkt sind. Wartet, bis sich die Aufregung etwas gelegt und der Hund sich entspannt hat - dann hat er auch wieder ein Ohr für euch.

Wenn sie gestresst bellen oder herum springen, legt doch mal eine Hand ruhig auf den Hund - nicht wuscheln oder streicheln - nur da sein, mit dem Hund sein - ATMEN! Runterfahren. Aus der stressigen Situation herausgehen.

Das kann man üben. Ruhe kann man lernen.


Klein-Nisha, völlig erschöpft vom Stadttraining, darf ausruhen... / Foto: (c) Landgrafe


Ich wünsche euch jedenfalls, dass ihr es schafft, etwas mehr Ruhe in euch und mit eurem Hund zu haben. Auch wenn es manchmal etwas stressig zugeht.
Denkt dran - atmen. Dann wird alles ein klein wenig leichter...


 *Danke an meine Kollegin Brigid Weinziger von denktier.at, die das im Webinar so schön vorgemacht hat.

Mittwoch, 1. November 2017

Belohnen ist prima, Bestechen ist blöd?

Man hört es immer wieder, auf die verschiedensten Arten.
Von "Ausbleiben der Strafe ist Belohnung genug!" bis hin zu "Immer reichlich Futter in den Hund".

Ich sag's euch ganz ehrlich - ich mache es "frei Schnauze". 
'Käse-Raptor' Dayan  / Foto (c) Y.Schnaubert

Wobei ich in jedem Fall fürs Belohnen bin. Manchmal auch fürs Bestechen, wenn es das Leben beider Seiten erleichtert.
Einfach nett sein finde ich halt besser als seinen Hund ständig zu korrigieren.
Wobei man manchmal halt einfach nicht nett sein kann, aber das ist ein anderes Thema.

Meine Hunde und ich, wir haben einen Deal.
Abends, wenn sie gemütlich herum liegen und nicht mehr so gern aufstehen wollen, und ich sie frage: "Hunde - Pipi machen?", dann rückt und rührt sich erstmal nix.

Och nööö, das geht noch, so dringend isset nich, ich lieg hier so gemütlich...

Also lautet mein zweiter Satz: "Hunde - Pipi machen - Keeeekse!"

Aber holla, was können die plötzlich fix die Treppe runter und nach draußen laufen - allerdings erstmal nur bis zu mir, um die Kekse abzustauben. Und damit sie sich nicht sofort wieder verkrümeln, werfe ich die Kekse in die Wiese und schließe die Tür hinter mir, keine Flucht nach drinnen möglich.
Dann kauen beide kurz, machen Pipi und wir gehen alle "Heia-machen" und sind zufrieden.

BESTECHUNG AM WERK! 
BOAH! 
BÖÖÖÖÖSE Frau Hundetrainer!!

Öhm - ja klar, aber als Teil einer angenehmen Vereinbahrung, so sehe ich das. Wieso um alles in der Welt soll ich abends mit meinen Hunden diskutieren, wenn es doch für beide Seiten so einfach und profitabel ist? Und es kostet mich nur 4 Worte und maximal 2 bis 4 Kekse, je nach Größe.
Fertig, alle glücklich. Aus die Maus.

Und ich besteche doch tatsächlich noch öfter!
Zum Beispiel meinen Setter, wenn ich sie nicht anleinen, aber dicht bei mir halten möchte, weil irgendwo ein Mensch mit Hund oder Hund ohne Mensch herum läuft und ich gern zügig dran vorbei oder in eine andere Richtung will.

Totaler Fokus auf's Spielie / Foto (c) Y.Schnaubert
Dann kommt Gioyas Spielzeug ins Spiel - im wahrsten Sinne!
Sie ist regelrecht süchtig danach (was einerseits großartig und andererseits gefährlich ist, dazu später mehr) und fokussiert nur noch ihr "Ding", egal ob Ball, Zergel, Kong oder Plüschtier.

Solange ich es in Händen halte und sie es sieht, rennt sie rückwärts vor mir her oder sitzt vor, sie hat kein Auge für ihre Umgebung.

Bestechung? 
Na, aber klar doch! Ich sage ihr schließlich körpersprachlich, dass gleich die wilde Wutz abgeht und sie das Ding hetzen, erbeuten und durch die Gegend tragen darf!
Ich muss weder rufen, noch anleinen (obwohl ich das je nach Situation natürlich mache) und habe eine strahlende Settermaus vor mir.
Manchmal ist es so einfach.
Gioya, mein Herzenshund / Foto (c) Y.Schnaubert
Wann wird Bestechung aber zum Problem?
Wenn der Mensch nicht weiß, dass er besticht und nicht belohnt.
Ich sehe oft genug Hunde, die sich erstmal vergewissern, ob ihr Mensch denn schon ein Guddie in der Hand hält, wenn er ruft oder etwas vom Hund möchte.
Und Hundi sagt deutlich: "Zeig mir erst den Keks - sonst mach ich gar nix!"

Daher ist es mir immens wichtig, meinen Kunden beide Methoden mit Vor- und Nachteilen zu erklären.
Einfache Formel: 
Erst die Leistung, dann der Keks = Belohnung!
Erst der Keks, dann die Leistung = Bestechung!
Wobei ich durchaus dafür bin, bei manchen Übungen zuerst zu locken / bestechen und dann ins Belohnen überzugehen.
Dazu muss man aber auch wieder wissen, dass Hunde nicht doof sind und gern noch ein bisschen warten, ob der Mensch nicht doch schon mal nach dem Keksi greift, wenn er sich einfach dumm stellt...

GEDULD ist da das Zauberwort, und kleine Schritte. Erst wenn der Hund sicher verstanden hat, was das neue Signal bedeutet, egal ob sprachlich oder körpersprachlich oder Pfiff, dann kann ich "verlangen", dass er das Signal auch ohne Herumwedeln mit einer halben Fleischwurst ausführt.
Aber Geduld ist so rar gesäht heutzutage... auch dazu später mehr.

Was ich damit sagen will - bestechen, locken und belohnen haben allesamt ihre Berechtigung - man sollte es nur in der richtigen Relation und aus der entsprechenden Perspektive betrachten.
Solange ich weiß, was ich da mache und welche Folgen es hat, ist doch alles entspannt, findet ihr nicht auch?

Genießer / Foto (c) Y.Schnaubert